In der RÜ 9/2014 bespricht Gründer (S. 597ff) eine Fallkonstellation, in der ein Bus an einem Taxenstand geparkt wurde und daraufhin abgeschleppt werden sollte. Der Beitrag beruht auf BVerwG, Urt. v. 09.04.2014 – 3 C 5.13.
Auf Seite 602 heißt es:
Die Kostenpflicht des K ist Folge seiner Zustandsverantwortlichkeit.
Um festzustellen, ob K tauglicher Adressat eines Kostenbescheides ist, muss untersucht werden, in welchem Verhältnis K zu dem Bus stand. Dazu ein Blick in den Sachverhalt:
Am 02.07., einem Samstag, um 19.30 Uhr stellte X, ein für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zuständiger Mitarbeiter der Stadt F, fest, dass ein Reisebus des K auf einem mit dem Zeichen 229 zu § 41 StVO ausgeschilderten Taxenstand in der belebten Stadtmitte von F abgestellt war. Der Fahrer war weder im Fahrzeug noch in dessen Umgebung anzutreffen. Ein Versuch des X, den K über die am Reisebus angebrachte Mobilfunknummer zu erreichen, blieb erfolglos, weil das Handy ausgeschaltet war.
Es geht also um den „Reisebus des K“. Nur, was ist damit gemeint? Ist K Eigentümer des Busses? Ist er Halter? Vielleicht kommt es darauf aber auch gar nicht zwingend an.
Wir erhalten im Sachverhalt nämlich noch weitere Informationen zu der Funktion des K:
Gegen 19:40 Uhr erschien K am Bus und fuhr in wenig später fort.
Fest steht damit, dass K Fahrer des Busses ist.
Jetzt ein Blick in’s Gesetz, in meinem Fall das saarländische Polizeigesetz (SPolG).
(Zu den entsprechenden Paragraphen in anderen Bundesländern gibt’s eine schöne Übersicht in Saarheim.)
Zunächst zum Verhaltensstörer, auch Handlungsstörer genannt, § 4 I SPolG:
Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen
(1) Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen sie zu richten.
Dann zum Zustandsstörer, § 5 SPolG:
Verantwortlichkeit für Tiere und den Zustand von Sachen
(1) Geht von einem Tier oder einer Sache eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen die Inhaberin oder den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten.
Die für Sachen geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes sind auf Tiere entsprechend anzuwenden.(2) Maßnahmen können auch gegen die Eigentümerin oder den Eigentümer oder eine andere Berechtigte oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden.
Das gilt nicht, wenn die Inhaberin oder der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen der Eigentümerin oder des Eigentümers oder der Berechtigten oder des Berechtigten ausübt.
Primär scheint K also Verhaltensstörer zu sein, denn er hat die Gefahr verursacht, indem er den Bus an dem Taxenstand geparkt hat. Vieles spricht dafür, dass er auch Zustandsstörer ist, denn er hat die tatsächliche Gewalt über den Bus. Jedoch ist er zumindest nicht nur Zustandsstörer, obwohl Gründer diesen Eindruck vermittelt.
Zu meiner These, dass ein Falschparker zumindest auch Verhaltensstörer ist, noch Belege aus der Literatur:
– Fischer, JuS 2002, 446 (448):
Zur Beantwortung der Frage, wer als Kostenschuldner in Betracht kommt, verweist § 5a II MEPolG (§ 8 II BadWürttPolG) auf die §§ 4, 5 MEPolG (§§ 6, 7 BadWürttPolG). Hiernach sind die Kosten der unmittelbaren Ausführung entweder vom Verhaltensstörer (beim Falschparken der Fahrzeugführer) oder vom Zustandsstörer (der Fahrzeughalter bzw. -eigentümer) zu tragen.
– Weber, JA 2007, 627 (635)
Der Antragsteller wird als Halter des Fahrzeugs für die Abschleppkosten in Anspruch genommen, Zustandsstörer nach § 5 SPolG. Aber auch gegenüber einem Fahrer des Fahrzeugs als Handlungsstörer nach § 4 SPolG …
Der Fahrer eines Fahrzeugs ist also auf jeden Fall Verhaltens- bzw Handlungsstörer. Zusätzlich kann er auch Zustandsstörer sein. Jedoch sollte man in einer Klausur systematisch arbeiten und zunächst die Verhaltensstörereigenschaft prüfen, die im Gesetz vor der Zustandsstörereigenschaft normiert ist. Danach sollte man der Vollständigkeit halber und weil es wertungsmäßig entscheidend sein kann (Doppelstörer) auch noch die Zustandsstörereigenschaft untersuchen.
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