In den Ausbildungszeitschriften ist das Thema der Abofallen im Internet aus strafrechtlicher Sicht momentan ein viel diskutiertes Thema:
– Hecker in JuS 2014, S. 1043ff
– Heintschel-Heinegg in JA 2014, S. 790f
– Sommer in RÜ 2014, S. 642ff
– N.N. in RA 2014, S. 492ff
Dabei steht das Urteil des BGH vom 5.3.2014 – 2 StR 616/12 im Vordergrund.
Der Fall, der dem Urteil zugrunde liegt, spielte im Zeitraum von August 2006 bis zum 31.08.2007. Der BGH musste also entscheiden, wie die Strafbarkeit in diesem Zeitraum zu beurteilen war. In der Zwischenzeit gab es aber eine Rechtsänderung, die zu einer anderen Beurteilung des Falles führt. Aus studentischer Sicht ist das besonders wichtig, weil uns wohl eher ein aktueller Fall vorgelegt werden würde.
Am 01.08.2012 ist die sog. Button-Lösung in Kraft getreten. Dazu ein Blick in das BGBl I 2012, 1084:
Heute findet sich die Button-Lösung nach einer weiteren Reform nicht mehr im § 312g Abs. 3 BGB, sondern im § 312j Abs. 3 BGB (BGBl I 2013, 3642 (3647)).
Leider gehen aber sowohl Hecker als auch Heintschel-Heinegg nicht auf die Button-Lösung ein, sondern lösen den Fall wie der BGH nach altem Recht.
Hecker, JuS 2014, 1043 (1046):
Das Schadensmerkmal des § 263 I StGB sieht der BGH unter Heranziehung der Lehre vom individuellen Schadenseinschlag mit Recht als erfüllt an.
Heintschel-Heinegg, JA 2014, 790 (791):
Zumindest billigend in Kauf habe der Angeklagte genommen, dass die Gegenleistung in Form des dreimonatigen Abonnements den Vermögensvorteil nicht kompensieren würde. Nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung tritt aufgrund der Verfügung ein Schaden ein, soweit die Vermögensminderung nicht durch den wirtschaftlichen Wert des Erlangten ausgeglichen wird.
Beide Autoren zitieren dann noch die entsprechende Passage des Urteils des BGH (Rn. 38):
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt die Annahme eines Vermögensschadens auch bei objektiv gleichwertigen Leistungen unter anderem dann in Betracht, wenn der Erwerber, der sich zum Abschluss eines Vertrags entschlossen hat, die versprochene Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann.
Auch in der RA wird die entsprechende Passage aus dem Urteil zitiert und anschließend subsumiert.
Zumindest ein Hinweis, dass durch die Button-Lösung im Rahmen des Vermögensschadens andere Erwägungen anzustellen sind, wäre hilfreich gewesen, läuft man doch sonst Gefahr, diese veränderte Wertung in der Klausur zu übersehen.
Sommer löst den Fall in der RÜ unter Berücksichtigung der Button-Lösung. Dort liest man zum Vermögensschaden, S. 645:
Der weiterhin erforderliche Vermögensschaden liegt vor, wenn ein Vergleich der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ergibt, dass das Opfer wirtschaftlich ärmer geworden ist.
Der Start also: Eine Definition des Vermögensschadens. Dann wird der Frage eines Gefährdungsschadens nachgegangen:
Durch das Anklicken des Buttons „Route planen!“ ist es noch zu einem <sic; richtig wohl: keinem, M.H.> Gefährdungsschaden des V gekommen. Aufgrund des fehlenden Hinweises auf die Eingehung einer Zahlungsverpflichtung ist gemäß § 312j Abs. 4 BGB kein Vertrag zustande gekommen, sodass A gegen V keine realisierungsfähige Forderung zusteht.
Weiter heißt es:
Allerdings könnte dadurch ein Vermögensschaden entstanden sein, dass V in der Annahme einer Zahlungspflicht 59,95 Euro an A gezahlt hat. Dieser Zahlung steht zwar – mangels zustande gekommenen Nutzungsvertrages – kein Anspruch auf die Nutzung des Routenplaners gegenüber. Selbst wenn man die faktische Nutzungsmöglichkeit des Routenplaners in eine Saldierung mit einbezieht, erweist sich die Nutzungsmöglichkeit als wirtschaftlich wertlos, da V nur einmalig eine Urlaubsreise planen wollte und im Internet eine Vielzahl kostenloser Routenplaner verfügbar ist, sodass das Vermögen tatsächlich gemindert wurde.
Genau solche Erwägungen muss man in einer Klausur anstellen, wenn der Fall zu einem Zeitpunkt spielt, zu dem die Buttonlösung bereits existent war (ab 01.08.2012).
[…] Prisen erfolgen – schmerzlich sein können. Indessen muss man sich in Zeiten des Internets daran gewöhnen und darauf eingerichtet sein, die Erwartung einer zeitnahen Antwort zu befriedigen. […]