AGG-Prüfung

Tobias Wirtz stellt in der RÜ 2015, 222ff die Entscheidung des BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12 vor. Dabei bewertet er das Urteil auf Seite 225 wie folgt:

Tor

Die Falllösung erfordert eine komplette AGG-Prüfung, die keine vertieften Vorkenntnisse voraussetzt, aber den Prüflingen eine anspruchsvolle und umfangreiche Argumentation abverlangt. Kurzum: eine perfekte Vorlage für eine Examensklausur.

Wenn wir nun den Lösungsvorschlag von Wirtz betrachten, so wird deutlich, dass die erforderliche „komplette AGG-Prüfung“ leider nicht so vollständig ist, wie es in einer Klausur erforderlich wäre.

Betrachten wir den Aufbau von Wirtz, S. 222:

Ein diesbezüglicher Anspruch der K könnte sich aus §§ 1, 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2 AGG ergeben.

[…]

1. Voraussetzung ist ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 AGG ist eine unmittelbare Benachteiligung gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt.

[…]

Damit liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 AGG vor.

2. Die Benachteiligung wegen des Alters könnte indes gerechtfertigt sein. Hier kommt eine Rechtfertigung gemäß § 10 AGG in Betracht.

Kann man so in die Prüfung einsteigen?

Nein: Bevor das AGG angewendet werden kann, muss sein Anwendungsbereich eröffnet sein. Dabei ist zwischen dem persönlichen und dem sachlichen Anwendungsbereich zu unterscheiden. Der sachliche Anwendungsbereich ist in § 2 AGG normiert:

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

[…]

Den persönlichen Anwendungsbereich finden wir in § 6 AGG:

1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

[…]

Bei unproblematischen Fallgestaltungen handelt es sich in der Klausur nur um zwei Sätze. Diese dürfen aber nicht fehlen, wie man bei Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 2015, § 3 Rn. 164 sieht:

(1) Anwendbarkeit des AGG: Da es um die „Entlassungsbedingungen“ des G geht, ist der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 2 I Nr. 2 AGG eröffnet. G ist als Arbeitnehmer gemäß § 6 I Nr. 1 AGG Beschäftigter im Sinne des Gesetzes (persönlicher Anwendungsbereich).

Abgesehen von den fehlenden Feststellungen zum Anwendungsbereich, entspricht das Prüfungsschema von Wirtz ansonsten den gesetzlichen Vorgaben:

(1) Anwendungsbereich

(a) Sachlicher Anwendungsbereich (§ 2 AGG)

(b) Persönlicher Anwendungsbereich (§ 6 AGG)

(2) Benachteiligungsgrund (§ 1 AGG)

(3) Benachteiligungsformen (§ 3 AGG)

(4) Rechtfertigung (§§ 4, 8, 9, 10 AGG)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert