Archiv für August 2015

Bedingungsfeindlich, unwiderruflich, unanfechtbar: Umkehrschluss richtig?

DreiklangTristan Barczak schreibt in der JA 2014, 778ff über „Klageänderung, Klagerücknahme und Erledigung des Rechtsstreits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren“. Obwohl der Aufsatz in der Kategorie „Übungsblätter Referendare“ steht, handelt es sich um einen Text, der zugleich für Studenten verständlich und nachvollziehbar geschrieben ist. Insbesondere die Bezüge zur ZPO helfen, die entsprechenden Rechtsinstitute auch in diesem Kontext zu wiederholen.

In Bezug auf einen Punkt hat mich der Aufsatz allerdings etwas verunsichert. Dazu die folgenden Zitate:

Auf Seite 780 steht zur Klageänderung:

Die Einwilligung ist als Prozesshandlung unwiderruflich und bedingungsfeindlich; […].

Danach heißt es, ebenfalls auf Seite 780, zur Klagerücknahme:

Bei der Klagerücknahme handelt es sich um eine bedingungsfeindliche, unwiderrufliche und unanfechtbare Prozesshandlung

Und dann auf Seite 782 zur übereinstimmenden Erledigungserklärung:

Die Erledigungserklärung ist als Prozesshandlung unanfechtbar und bedingungsfeindlich – sie kann insbes. nicht hilfsweise abgegeben werden –, jedoch solange widerruflich, wie sich der Beklagte ihr nicht angeschlossen hat, da bis zu diesem Zeitpunkt die Prozesslage noch nicht abschließend mit konstitutiver Wirkung umgestaltet ist.

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§ 14 Abs. 1 HeimG: Augen auf beim Landesrecht!

Ute Brenneisen, Familien- und Erbrecht, 3. Auflage 2015, Rn. 333 schreibt:

Ein Verstoß gegen § 14 HeimG und damit eine Nichtigkeit nach § 134 liegt vor, wenn der durch eine letztwillige Verfügung Bedachte ein Pflegeheim oder ein Pfleger ist. Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 HeimG untersagt dem Heimträger u.a., sich von oder zugunsten von Heimbewohnern Geld- oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen. Die Vorschrift des § 14 HeimG ist geschaffen worden, weil bei einem Heimbewohner das Risiko hoch ist, dass die Verfügung von Todes wegen nicht auf einem freien Willensentschluss des Erblassers beruht. In diesem Fall verstößt die letztwillige Verfügung gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134.

Betrachten wir also § 14 Abs. 1 HeimG:

Dem Träger ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern oder den Bewerberinnen und Bewerbern um einen Heimplatz Geld- oder geldwerte Leistungen über das nach § 5 vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.

Aber können wir § 14 Abs. 1 HeimG heute noch anwenden?

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Nicht ohne Übergangsvorschrift!

In der Klausurenlösung A 938 aus dem Klausurenkurs von Alpmann Schmidt heißt es auf Seite 3:

Da die AGB gegenüber der A als Unternehmerin verwendet werden, richtet sich die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Die §§ 308 und 309 BGB sind nach § 310 Abs. 1 S. 1 BGB nicht anwendbar. Allerdings indiziert ein Verstoß gegen die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB die Unangemessenheit auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr, es sei denn, die Klausel kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Verkehrs als angemessen angesehen werden, § 310 Abs. 1 S. 2 BGB.

Werfen wir einen Blick in § 310 I 1 BGB in der Fassung, die bis zum 28.07.2014 galt:

(1) § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden.

Das entspricht dem, was auch in der Lösung von Alpmann Schmidt steht. Nun könnte man aber ein Problem darin sehen, dass die Lösung vom 29.09.2014 stammt und der Fall vom 15.09.2014.
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Verkekst uns die FAZ?

ClownIn mündlichen Prüfungen wird, wenn es um einen Bezug zum Europarecht geht, einleitend gern gefragt (ich schreibe hier aus Erfahrung), worin der Unterschied zwischen einer Richtlinie und einer Verordnung besteht. Für die Antwort sollte man sich auf Artikel 288 AEUV beziehen, in dem es heißt:

[…]

Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.

[…]

Richtlinien bedürfen also der Umsetzung, Verordnungen nicht.

Dieses Thema spielt heute in der FAZ in dem Artikel „Die neue Welt der Cookie-Warnhinweise“ eine Rolle (18.08.2015, S. 23).

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Warum es spannend sein kann, die JuS genau zu lesen …

TropfenDer 2. Strafsenat des BGH hat mit Anfragebeschluss vom 04.06.2014 den anderen Strafsenaten beim BGH die Frage gestellt, ob das Fehlen einer qualifizierten Belehrung durch den vernehmenden Richter der Verwertung einer Zeugenaussage in der Hauptverhandlung entgegensteht (vgl dazu den Blogeintrag vom 07.12.2014).

Nun zum Lektüreerlebnis in der JuS 8/2015, 701 (704). Dort schreibt Mosbacher:

Auf die Anfrage des 2. Strafsenats des BGH haben alle anderen Strafsenate des BGH erklärt, dass sie die vom 2. Strafsenat verlangte „qualifizierte“ Belehrung nicht für erforderlich erachten. Deshalb wird nunmehr auf Vorlage des 2. Strafsenats der Große Senat für Strafsachen des BGH gem. § 132 GVG über diese Rechtsfrage entscheiden und sich nicht nur mit der „qualifizierten“ Belehrung, sondern auch mit der Vorfrage beschäftigen müssen, ob es überhaupt dabei bleiben soll, dass die ermittlungsrichterliche Vernehmung in solchen Konstellationen verwertbar bleibt.

Erste Frage: Was heißt „deshalb wird nunmehr […] der Große Senat für Strafsachen des BGH […] entscheiden“? Ist das eine faktische Prognose oder besteht eine Pflicht des Großen Senats zu entscheiden?

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