Vor Kurzem habe ich in einer mündlichen Prüfung im Rahmen meines Masters Folgendes erlebt.
Beim Prüfungsgespräch über ein datenschutzrechtliches Thema tauchte die Frage auf, wo das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seine Verankerung im Grundgesetz hat. Ein Kandidat antwortete:
Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG.
Das war natürlich für den Prüfer eine Überraschung, weil er mit einer anderen Reihenfolge und einer anderen Zitierweise bezogen auf Artikel 1 (Absatz 1 und nicht Absatz 2) gerechnet hatte.
Das Merkwürdige daran ist nun, dass in der Einführung zur (prüfungszugelassenen) Sammlung „Datenschutzrecht“ (Beck-Texte im dtv, München, 7. Auflage 2015, S. XII) Folgendes steht:
Mit dem Urteil des zweiten Senats vom 2. März 2006 wurde die Grenze zwischen Fernmeldegeheimnis des Art. 10 GG und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht nach Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG gezogen.
Der Prüfling hatte also genau die Zitatkette verwendet, die hier in der Einführung angegeben wird. Sollte er mit der dtv-Einführung gelernt haben? Wie dem auch sei, in dem zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2006 (2 BvR 2099/04) heißt es im ersten Leitsatz zum Thema:
Die nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Verbindungsdaten werden nicht durch Art. 10 Abs. 1 GG, sondern durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) und gegebenenfalls durch Art. 13 Abs. 1 GG geschützt.
Zur „Ehrenrettung“ des dtv-Vorworts muss gesagt werden, dass bereits auf der Folgeseite XIII für das
Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme
als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die korrekte Zitatkette
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
genannt wird. Also ein kleines Versehen auf Seite XII mit einer kleinen „Schattenwirkung“ in der mündlichen Prüfung.
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