In der JA 2014, 950ff bespricht Hillgruber das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juni 2014 (Az 2 BvE 2/09, 2 BvE 2/10). Dabei stellt sich eine immer wieder in Klausuren auftauchende verfassungsprozessuale Frage.
Zunächst zu der für uns entscheidenden Passage des Sachverhalts auf Seite 951:
Der Antragsteller sowie die Beigetretenen im Organstreitverfahren waren Mitglieder der 13. und 14. Bundesversammlung im Jahre 2009 und 2010.
Dann wendet sich Hillgruber auf Seite 952 der Parteifähigkeit der Antragsteller zu:
Mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Parteifähigkeit von Bundestagsabgeordneten ist jedoch anzunehmen, dass der Antragsteller als Mitglied der Bundesversammlung wenn nicht Organteil, so jedenfalls „anderer Beteiligter“ iSv Art. 93 I Nr. 1 GG ist. Die Bundesversammlung ist oberstes Bundesorgan iSd Art. 93 I Nr.1 GG.
Dann problematisiert der Autor, wie die Diskrepanz zwischen § 63 BVerfGG und Art. 93 I Nr. 1 GG zu lösen ist:
Dass andere Beteiligte in der Aufzählung des § 63 BVerfGG nicht enthalten sind, ist unerheblich, weil die Vorschrift die verfassungsrechtliche Vorgabe des Art. 93 I Nr. 1 GG nicht abschließend umsetzt.
(In Fußnote 4 erfolgt ein Lesehinweis zu der Frage der möglichen Verfassungswidrigkeit von § 63 BVerfGG: „Auf eine etwaige Verfassungswidrigkeit der §§ 63 ff. BVerfGG kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, vgl. aber Hillgruber/Goos/Goos aaO Rn. 308 ff.“).
Dabei betont Hillgruber die praktische Konsequenz der Einordnung eines Antragstellers zu § 63 BVerfGG bzw zu Art. 93 I Nr. 1 GG:
Im Umkehrschluss zu § 64 BVerfGG sind die anderen Beteiligten aber nur parteifähig, sofern sie eigene Rechte geltend machen.
Bis hierhin haben wir also gelernt, dass wir den Antragsteller entweder § 63 BVerfGG oder Art. 93 I Nr. 1 GG zuordnen müssen. Auch wissen wir, dass die Zuordnung Konsequenzen hat: Nur für Antragsteller, deren Parteifähigkeit über § 63 BVerfGG bejaht werden kann, besteht die Möglichkeit der Prozessstandschaft nach § 64 BVerfGG.
Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 2011, § 4 Rn. 381 formulieren das auch sehr verständlich:
Die §§ 63, 64 Abs. 1 BVerfGG stellen zusammen die vom BVerfG geforderte gesetzliche Zulassung der Prozessstandschaft dar. Nicht gesetzlich ermächtigt zur Geltendmachung von Gesamtorganrechten sind daher Antragsteller, deren Parteifähigkeit nur durch Rückgriff auf Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG begründet werden kann. Verfassungsrechtlich geboten ist nur, dass diese Antragsteller ihre eigenen Rechte, nicht aber, dass sie auch fremde Rechte durchsetzen können.
Jetzt lesen wir die Fall-Besprechung in der JA 2014, 950 (952) weiter:
Die Antragsbefugnis im Organstreitverfahren hängt davon ab, ob der Antragsteller geltend machen kann, dass er oder das Organ, dem er angehört (hier: Bundesversammlung), durch den Angriffsgegenstand „in seinen ihm durch das GG übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet“ (vgl. § 64 I BVerfGG) ist.
Hier bin ich hängen geblieben.
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