In der JA 2016, 279 schreibt Markus Ogorek im Sachverhalt der Original-Examensklausur „Easy Rider“:
Am Samstag, den 27.6.2015, fährt der Student A auf seinem Motorrad um 18.00 Uhr – von Frankfurt kommend – mit einer Geschwindigkeit von 88 km/h auf der BAB 66 in Richtung Wiesbaden.
(Hervorhebung nicht im Original)
Da A zu schnell fährt, verlangen Polizisten das Motorrad heraus, das zum Betriebshof eines Abschleppunternehmers nach Wiesbaden gebracht wird.
Dort erhält A das Motorrad am Montag, den 3.8.2015, zurück.
(Hervorhebung nicht im Original)
Die Geschichte geht dann so weiter:
A wird seit dem Zwischenfall auf der BAB 66 in seinem Freundes- und Bekanntenkreis ständig als „Verkehrsrowdy“ verspottet, dem man offensichtlich sein Motorrad habe wegnehmen müssen. Er wendet sich deshalb am Montag, den 2.9.2013, an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht und beantragt festzustellen, dass „die Sicherstellungsanordnung sowie das Abschleppen des Motorrads rechtswidrig waren.“
(Hervorhebung nicht im Original)
Was soll man mit dieser Chronologie anfangen, wenn man diese Klausur zu schreiben hat?
Der kaltblütige Examenskandidat erkennt sofort, dass „2.9.2013“ für den Zeitpunkt der Klageerhebung nicht das richtige Datum sein kann, denn die vorhergehenden Daten lauten „27.6.2015“ und „3.8.2015“.
Also könnte er dazu neigen, den Zeitpunkt der Klageerhebung auf den 2.9.2015 zu legen. Aber wie bringt man diese „Zeitverschiebung“ in der Klausur zum Ausdruck? Bei der Beantwortung dieser Frage könnte man schon ein wenig nervös werden. Denn es gilt ja die goldene Regel, dass Sachverhalte so hinzunehmen seien, wie sie geschrieben wurden. Das kann aber nicht für offenbare Unrichtigkeiten gelten, die man wohl in analoger Anwendung von § 42 VwVfG als Klausurant berichtigen können muss :-).
Unterstellen wir nun zusätzlich, dass der Kandidat die Kunst der Wochentagsberechnung beherrscht, so wird er feststellen, dass der nunmehr hypothetisch zugrunde gelegte 2.9.2015 nicht – wie im Sachverhalt angegeben – ein Montag ist. Damit entfällt die Hypothese, A habe sich am 2.9.2015 an das Verwaltungsgericht wenden können. Also müssen wohl die anderen beiden Daten zurückdatiert werden. Aus dem „27.6.2015“ muss der „27.6.2013“ werden und aus dem „3.8.2015“ muss der „3.8.2013“ werden und dann ist der 2.9.2013 auch ein Montag.
Der scheinbar einfache Datumslapsus ist also für Klausuranten gar nicht so einfach zu korrigieren. Hoffen wir für die Betroffenen, dass eine kundige Aufsichtsperson auf Rückfragen die nötige Hilfestellung geleistet hat. Aber auch das funktioniert nicht ohne weiteres, wenn die Klausur aus Platzgründen in verschiedenen Räumlichkeiten geschrieben wird, usw … .
Und was ist des Rätsels Lösung? Sollte der Sachverhalt etwa integral aus dem Jahr 2013 stammen und durch Verschiebung nach 2015 aktualisiert worden sein? Und das möglicherweise deswegen, weil man Musterlösungen für Examensklausuren nicht sofort veröffentlichen darf? Fragen über Fragen … .
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