§ 23 Abs. 1a S. 1 StVO aF / nF: Der Abschied vom „Fahrzeugführer“ und die Folgen

Bis zum 31.03.2013 lautete § 23 Abs. 1a S. 1 StVO folgendermaßen:

Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.

Seitdem heißt es in der Norm:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.

Diese Änderung ist noch nicht überall angekommen.

So lesen wir bei Beaucamp/Treder, Methoden und Technik der Rechts, 3. Aufl. 2015, Rn. 432 f:

Die vielbeschäftigte Anwältin D fährt mit ihrem Auto zu einem Gerichtstermin und bedient dabei mit der rechten Hand ihren „Palm-Organizer“, um ihre Termine zu kontrollieren und ihre neuen E-Mails zu lesen. Der Organizer hat auch eine Mobilfunkkarte, die zum Zeitpunkt der Fahrt zum Gericht aber deaktiviert war. Ein vorbeifahrender Streifenwagen stoppt D. Hat Sie gegen § 23 Abs. 1a StVO verstoßen?

Die anzuwendende Vorschrift lautet: Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Das gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgestellt ist.

Auch die Rechtsprechung hat nicht immer die neuesten Gesetzesbücher. So lesen wir beim Hanseatischen Oberlandesgericht:

[1] Mit Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde vom 28. Mai 2015 ist gegen den Betroffenen wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons als Führer eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr eine Geldbuße von 60 Euro festgesetzt worden.

[…]

[15] Die durch das Urteil vom 22. September 2015 festgestellte Nutzung des Mobiltelefons als Kamera wirft keine offenen Rechtsfragen auf, die der Klärung bedürften. Der Begriff der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons in § 23 Abs. 1a StVO ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung ausreichend geklärt. Danach handelt ordnungswidrig im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO, wer vorsätzlich oder fahrlässig als Fahrzeugführer ein Mobil- oder Autotelefon benutzt, indem er das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Ein Benutzen zum Telefonieren ist nicht erforderlich.

(Beschluss vom 28. Dezember 2015 – 2 – 86/15 (RB), 2 – 86/15 (RB) – 3 Ss 155/15 OWi –)

ChaosUnd selbst bei der saarländischen Polizei ist die Änderung von § 23 Abs. 1a S. 1 StVO noch nicht angekommen. Online findet sich immer noch die alte Fassung. Hoffentlich orientiert die saarländische Polizei ihr Handeln trotzdem an der neuen Fassung ;-).

Was lernen wir daraus? „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“ – aber nur, wenn es das aktuelle Gesetz ist.

(Und wer sich dafür interessiert, wie man aufgrund der neuen Regelung trotz Handy in der Hand freigesprochen werden kann, sei auf den Beitrag „Gilt das Handyverbot am Steuer nur noch ein­ge­schränkt?“ von Alexander Gratz im Verkehrsrecht-Blog der GFU verwiesen.)

Update (09.05.2016):

Die saarländische Polizei hat auf meine Anfrage hin schnell reagiert. Zuerst kam die Nachricht:

Dringende Hilfeersuchen sind ueber die Notrufnummer 110 an die Polizei zu richten.

So eilig war mir die Sache dann doch nicht, und ich habe die weitere Antwort abgewartet. Diese kam auch prompt mit dem Hinweis, man werde die Seite umgehend „abblenden“ und überarbeiten.

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