Zugewinnausgleich: So erklärt das die Bild-Zeitung

Zugewinnausgleich

Zugegeben: Es ist nicht einfach, komplizierte juristische Sachverhalte verständlich darzustellen. Insofern verdienen diejenigen Lob, die es versuchen, dies aber nur, wenn dadurch nicht Missverständnisse entstehen.

Die Bild-Zeitung stellt sich immer wieder dieser Herausforderung, so auch im Zusammenhang mit der Berichterstattung (Stand: 15.07.2016 – 15:18 Uhr) über eine mögliche Scheidung im Hause Mirja und Sky du Mont. Dort werden die Leserinnen und Leser zum Zugewinnausgleich wie folgt informiert:

 

Wie errechne ich einen Zugewinnausgleich?

Der Gesetzgeber bestimmt, dass derjenige, der den größeren Zugewinn erwirtschaftet hat, an den anderen einen Zugewinnausgleich zahlen muss.

Ein Beispiel:

Gatte A bringt 10 000 Euro mit in die Ehe, zum Zeitpunkt der Scheidung hat er 25 000 Euro erwirtschaftet. Gatte B hatte zu Beginn der Ehe 5000 und am Ende der Ehe 6000 Euro. Der Zugewinn von Gatte A beträgt somit 15 000 Euro, der von B 1000 Euro.

Der ergibt sich aus dem Überschuss an Zugewinn: 15 000 Euro – 1 000 Euro = 14 000 Euro. Gatte B kann von Gatte A die Hälfte dieses Überschusses von 14 000 Euro als Ausgleich verlangen, also 7000 Euro. 

Darf man das Prinzip des Zugewinnausgleichs auf diese Art und Weise vereinfacht darstellen?
Der zitierte Text inspiriert sich offensichtlich an §§ 1378 I, 1374 I, 1375 I BGB. Für einen Normalfall ohne jegliche Besonderheit mag man mit der Bild-Regel auskommen. Es gibt aber eine Vielzahl von Besonderheiten, die den Zugewinnausgleich beeinflussen und modifizieren. Genannt seien beispielsweise die in § 1374 II BGB genannten Ausnahmen:
Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.
Oder § 1375 II 1 BGB:
Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, dass ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands
1. unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat,
2. Vermögen verschwendet hat oder
3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Bei streitigen Scheidungen (wie auch in Klausuren) können diese und weitere Ausnahmen eine Rolle spielen.
Besonders klausurrelevant ist immer wieder die Frage, wie diese Ausnahmen auszulegen sind. So hat sich der BGH zum Beispiel mit der Frage beschäftigt, wie ein Lottogewinn im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu behandeln ist, und dies wie folgt entschieden:
a) Der Lottogewinn eines Ehegatten ist bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs nicht seinem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnen (Anschluss an BGHZ 68, 43 = FamRZ 1977, 124).
b) Dass der Lottogewinn längere Zeit nach der Trennung erzielt worden ist, rechtfertigt für sich genommen auch keine grobe Unbilligkeit i. S. v. § 1381 Abs. 1 BGB.
(BGH, Beschl. v. 16.10.2013, XII ZB 277/12, Leitsätze)

Ein Kommentar

  1. Von der Bildzeitung kann man weder von der Radaktion juristische Fachkompetenz noch von den Lesern ein höheres juristisches Verständnis erwarten 😉 Leider kursiert in der Medien- und Pressewelt oft eine Art „Vulgärrecht“, weshalb, angelehnt auf den Begriff Vulgärlatein, vereinfacht und daher leider oft falsch juristische Tatsachen dargestellt werden.

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