Das Internet ist nicht frei von Text-Fossilien. Ein besonders ansehnliches Exemplar dieser Gattung trägt den Titel „Staatsexamen?!“ und überrascht mit den folgenden Feststellungen:
Genau genommen heißt es nicht das Staatsexamen sondern die Staatsexamina. Denn auf dem Weg zum (Voll-)Juristen hat man zwei dieser Prüfungen zu absolvieren: Das Erste und das Zweite Staatsexamen. Diese benötigt man gem. §1 1 JAPO u.a. für die Befähigung zum Richteramt. Auch eine Anwaltszulassung kann erst mit Beiden beantragt werden.
Das Staatsexamen dient als Abschluss des Studiums bzw. des Referendariats und soll die Befähigung zum Juristen nachweisen. Während man für das Erste Examen „nur“ den Studienlernstoff -also das materielle Recht- benötigt, ist das Zweite Examen eingekleidet in einen prozessualen Rahmen.
Beim Staatsexamen handelt es sich –wie unschwer am Namen erkennbar- um eine Staatsprüfung. Also eine zentral vom Staat gestellte Prüfung.
(auf www.iurratio.de/staatsexamen/. Iurratio präsentiert sich als „das größte juristische Nachwuchsportal im Internet. Ob Studium, Referendariat, Staatsexamen, Karriere oder Stellenmarkt, auf Iurratio findest du alle relevanten Informationen für deine optimale juristische Ausbildung.“)
Der zitierte Text ist Rechtsgeschichte pur, beruhend nicht auf „§ 1 1 JAPO“ (übrigens: Welche JAPO sollte wohl gemeint sein?), sondern auf einer alten Fassung von § 5 I des Deutschen Richtergesetzes (DRiG), die wie folgt lautete:
§ 5 Befähigung zum Richteramt
Die Befähigung zum Richteramt erwirbt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Staatsprüfung und einen anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abschließt.
Da sind sie die beiden „Staatsexamina“ in Gestalt der „ersten Staatsprüfung“ und der „zweiten Staatsprüfung“.
Durch das „Gesetz zur Reform der Juristenausbildung“ (vgl. zur Gesetzesgeschichte) vom 11. Juli 2002 erhielt § 5 I DRiG mit Wirkung zum 1. Juli 2003 folgende neue Fassung:
§ 5 Befähigung zum Richteramt
Die Befähigung zum Richteramt erwirbt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Prüfung und einen anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abschließt; die erste Prüfung besteht aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung.
Damit war das „erste Staatsexamen“ (genauer: Die „erste Staatsprüfung“) abgeschafft und durch die „erste Prüfung“ mit einem universitären und einem staatlichen Teil ersetzt. Geblieben ist die „zweite Staatsprüfung“. Das ist natürlich terminologisch etwas merkwürdig, denn wie soll es neben einer „ersten Prüfung“ eine „zweite Staatsprüfung“ geben? Aber das ändert nichts daran, dass der Ausgangstext die alte Rechtslage referiert.
(Und, nebenbei noch eine textkritische Bemerkung zu „Während man für das Erste Examen „nur“ den Studienlernstoff -also das materielle Recht- benötigt“: Im Studium gehören die „Kernbereiche des Verfahrensrechts“ nach § 5a II 3 DRiG zu den Pflichtfächern.)
P.S. Und wie schließt der Beitrag zum „Staatsexamen?!“? Folgendermaßen:
„Ich bin ein Textblock. Klicken Sie auf den Bearbeiten Button um diesen Text zu ändern. Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipiscing elit. Ut elit tellus, luctus nec ullamcorper mattis, pulvinar dapibus leo.“
Fragt sich, wer zuletzt auf diese Seite geschaut hat.
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