Am Trierer Weinversteigerungs-Fall führt im Jura-Studium kein Weg vorbei. Dazu gibt es einen unterhaltsamen und lehrreichen Film von Tele-Jura. Unter dem Video heißt es:
Ein juristischer Klassiker, obwohl nur das Gedankenspiel eines Professors und nie von einem Gericht entschieden: Im Mittelpunkt steht das sog. Erklärungsbewusstsein.
Doch stammt der Fall wirklich von einem Professor?
Man muss nicht Professor sein, um sich einen solch schönen Fall auszudenken. Auch Rechtsreferendare sind zu so etwas fähig. Der Fall stammt nämlich von Dr. Hermann Isay. Der in Trier geborene Isay hat ihn während seines Referendariats in Trier konzipiert. Sein Fall ist allgegenwärtig, allerdings nur selten mit Quellenangabe. Diese lautet:
Isay, Die Willenserklärung im Thatbestande des Rechtsgeschäfts nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1899, S. 25
Eingeleitet wird der Abschnitt zum Trierer Weinversteigerungs-Fall mit folgender Feststellung:
Ebenso ist z.B. in dem Falle, wo jemand ein Verhalten beobachtet, das nach der Sitte des Ortes, an dem er sich befindet, die Bedeutung einer bestimmten Willenserklärung hat, wofern er diese Bedeutung hätte kennen müssen, eine gültige Erklärung abgegeben.
(Isay, aaO, S. 25)
Und nun die Original-Passage mit dem Fall:
(Isay, aaO, S. 25)
Als Lösung schlägt Isay vor:
Daher wird es auch für den Erklärungswillen genügen müssen, wenn man fordert, dass der Erklärende entweder sich dessen bewußt war oder infolge von Fahrlässigkeit nicht bewußt war (sich bewußt sein mußte), daß sein Verhalten den Schluß auf einen bestimmten Willen ziehen lasse.
(Isay, aaO, S. 26)
Sollte in der mündlichen Prüfung die Rede auf den Trierer Weinversteigerungs-Fall kommen, ist es nützlich zu wissen, dass der Fall weder höchstrichterlich entschieden wurde, noch von einem Professor stammt.
Da Hermann Isay immerhin später habilitierter Privatdozent und apl. Prof. wurde, hat er die für Professoren offenbar charakteristische Neigung zu akademischen Glasperlenspielen vielleicht schon als Referendar gehabt …