Trost in schweren Dissertationszeiten

Play fast. Be smart. Wear your lucky shoes. And don’t step in any sinkholes.

(S. 50)

Wer versucht, eine Dissertation zu schreiben, durchlebt Höhen und Tiefen. In den eher stimmungsmäßig problematischen Phasen sehnt man sich nach Zuspruch und Ermunterung. Hier empfiehlt sich dann zum Beispiel ein Griff zu dem von Thomas Meuser herausgegebenen Buch mit dem Titel

Promo-Viren

Zur Behandlung promotionaler Infekte und chronischer Doktoritis

3., kurierte Auflage

Wiesbaden, 2014

122 Seiten

PferdObwohl das Buch aus einer betriebswirtschaftlichen Umgebung stammt, können auch Doktoranden anderer Fächer den einen oder anderen Nutzen daraus ziehen und an der Lektüre Freude haben.

Nützlich ist für alle diejenigen, die den ersten Satz der Dissertation am Anfang schreiben wollen, bereits der einleitende Hinweis:

Der erste Satz ist in den seltensten Fällen der erste Satz. Insbesondere bei Abhandlungen mit wissenschaftlichem Inhalt ist er zumeist einer der letzten, weil erst nach der schriftlichen Fixierung aller Gedanken und Forschungsergebnisse klar ist, was eigentlich wieso erforscht wurde […].

(S. 1)

Zum einleitenden Test auf die Promotionstauglichkeit soll hier die Lösung nicht verraten werden, um die Pointe nicht zu zerstören. Es ist aber beim Absolvieren dieses Tests äußerste Vorsicht geboten.

Ein erkenntnisleitendes Interesse des Herausgebers ist es, Instrumente für den Promotionsprozess herauszuarbeiten, durch deren

geschickten Einsatz einige der zu erwartenden katastrophenähnlichen Ereignisse in – vergleichsweise lächerliche – peinigende Miseren verwandelt werden können.

(S. 14)

Das ist tröstlich. Bereits hier erkennt man – sollte man es nicht schon im Titel wahrgenommen haben -, dass es sich um eine Satire handelt. Aus diesem Grund ist der warnende Hinweis „(Satire!)“ in den Hinweisen für Doktorandinnen und Doktoranden von Prof. Dr. Diederich Eckardt (Universität Trier) beigefügt, wohl um vor möglichen Nebenwirkungen zu warnen. Aus eigener Erfahrung kann berichtet werden, dass bisher außer einigen Heiterkeitsausbrüchen keine (erkennbaren) Nebenwirkungen eingetreten sind.

Der Wahrheit halber muss bemerkt werden, dass das Werk auch Themen behandelt, mit denen der jugendliche einfache Doktorand so (glücklicherweise) nicht konfrontiert ist. Dies betrifft etwa die Einbindung in ein größeres Lehrstuhl-Team samt allen daraus resultierenden Komplikationen (vgl. das Kapitel „Bittere Wahrheiten. Altes und Neues aus dem Alltag wissenschaftlicher Mitarbeiter“ von Reinhard Schulte, S. 39 ff) oder die Frage des Promovierens im Alter (vgl. das Kapitel „Silverdocs – Promovieren mit 60+: Ein Erfahrungsbericht“ von Klaus Röttger, S. 75 ff).

Aus juristischer Sicht höchst problematisch erscheint das Kapitel von Armin Himmelrath mit dem Titel „Promotionsbetrug im Selbstversuch: Wie ich mir einen Doktortitel erschummelte“ (S. 105 ff). Hier bleibt zu hoffen, dass promovierende Staatsanwälte, denen dieses Buch aus diesem Anlass in die Hände fällt, die feine Ironie des Kapitels zu schätzen wissen und sich nicht den Kopf über die Frage der Verfolgungspflicht bei rein privat erlangtem Wissen zerbrechen.

Satiren sind nicht ohne Risiko. An der einen oder anderen Stelle wirkt der Humor etwas überdreht, weswegen vielleicht auch ein Autor mit einem Decknamen operiert. Bei Satire im Wissenschaftsbetrieb ist wohl doch Vorsicht geboten. Wie dem auch sei, ganz unsatirisch findet sich gegen Ende des Buches ein sympathischer Ratschlag von Stephan Fleischhauer und Mark Thiel:

Entscheidend ist die Individualität des Menschen mit seinen unverwechselbaren Eigenschaften und Stärken. So muss die Frage lauten: Was habe ich, was andere nicht haben? (Da sollte der Dr. -Titel nicht das Einzige sein, was man dann nennen kann.) Erfolgreiche Menschen leben in der Gegenwart und sind von ihrem Tun begeistert. Es überträgt sich immer nur die Begeisterung für etwas zwischen Menschen, nicht Produkte, Ausbildungen, Auszeichnungen oder Benennungen. Ganz im Sinne des heiligen Augustinus, dass in Dir brennen muss, was Du in anderen entzünden willst.

(S. 121)

Fazit: Als Anregung für ein Nikolaus-Geschenk erscheint diese Rezension zu spät. Als Geschenk zu Weihnachten verdient das Buch eine ernsthafte Prüfung.

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