In der RÜ 2015, 234f behandelt Wilhelm-Friedrich Schneider in einer Fall-Lösung unter anderem die Problematik des Rücktritts vom Versuch. Dazu schreibt er auf Seite 235:
A müsste die weitere Ausführung der Tat aufgegeben haben. Das setzt die endgültige Abstandnahme von der Ausführung der Tat voraus, zu der der Täter angesetzt hat. Hier hat A die weitere Ausführung aufgegeben.
Der Autor legt also die Auffassung zu Grunde, dass mit „Aufgeben der Tat“ iSd § 24 I 1 Alt. 1 StGB eine endgültige Abstandnahme von der konkreten Tat gemeint sei. Dies könnte die Leserinnen und Leser zu der Annahme verleiten, der Punkt sei unumstritten. Doch ist das wirklich so unumstritten?
Das ist wohl nicht so:
Umstritten ist, ob die Aufgabe der Tat ein endgültiges Abstandnehmen von der Tat erfordert.
(Beckemper, BeckOK, StGB, 01.07.2014, § 24 StGB, Rn. 36)
Das Problem liegt darin, dass fraglich ist, ob ein Täter, der im Versuchsstadium die Tat aufschiebt, von der Tat Abstand nimmt oder nicht.
Die vier dazu vertretenen Theorien sind bei Bernd Heinrich (wie stets mit dem nötigen Argumentationshintergrund) zusammengestellt.
– Theorie Nr. 1 verlangt eine endgültige Abstandnahme vom gesamten Tatplan.
– Theorie Nr. 2 verlangt eine endgültige Abstandnahme von der konkreten Tat (ohne bereits vorhandene konkrete weitere Pläne).
– Theorie Nr. 3 lässt es genügen, dass der Täter die Tat nicht in der konkreten Form seines Plans fortsetzen will. (Ausnahme: Geplante Folgetat, die mit der ursprünglich geplanten Tat in natürlicher Handlungseinheit stehen würde.)
– Theorie Nr. 4 unterscheidet danach, ob der „Abstand nehmende“ Täter noch als gefährlich zu betrachten ist.
Summa summarum: Mit nur einer dieser Theorien in der Klausurenlösung geht man möglicherweise ein Risiko ein.
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