Heute geht es in der neuen Reihe „Frage und Antwort“ weiter. Dabei geht es um ein europarechtliches Thema, das nicht zum Standard-Repertoire gehört, mit dem man aber in der ersten juristischen Staatsprüfung rechnen muss.
Die betreffende Frage lautet: Darf ein nationales Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf einen zur Durchführung einer Unionsrechtsverordnung erlassenen nationalen Verwaltungsakt erlassen, wenn Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit dieser Unionsrechtsverordnung bestehen?
Das ist nicht prinzipiell ausgeschlossen. Allerdings müssen die vom EuGH in den Rechtssachen Zuckerfabrik (C-143/88 u. C-92/89) und Atlanta (C-465/93) entwickelten Voraussetzungen beachtet werden.
Michael Ahlt und Daniel Dittert fassen das Ergebnis in ihrem Buch „Europarecht“ (4. Aufl. 2011) wie folgt zusammen (S. 142):
– Das nationale Gericht hat erhebliche Zweifel an der Gültigkeit, die es auch begründen muss;
– Es legt die Frage der Gültigkeit unverzüglich dem EuGH vor, sofern dieser mit der Frage noch nicht befasst ist.
– Die gewählte Rechtsschutzmaßnahme (Aussetzung der Vollziehung, einstweilige Anordnung usw.) ist vorläufig bis zur Entscheidung durch den Gerichtshof.
– Die Maßnahme ist dringlich: Dem Antragsteller droht ein schwerer und nicht wieder gut zu machender Schaden.
– Das Gericht berücksichtigt das Interesse der Union angemessen. Die Aussetzung darf dem Rechtsakt wenn möglich nicht jede praktische Wirksamkeit nehmen. Der Einzelne hat nötigenfalls eine Kaution zu stellen.
– Das Gericht beachtet bei Prüfung dieser Voraussetzungen die einschlägige Rechtsprechung des EuGH und des EuG.
Selbstverständlich erwartet kein Prüfer, dass diese Voraussetzungen auswendig präsent sind. Sinngemäß sollten die Voraussetzungen freilich wiedergegeben werden können.
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