Im Focus habe ich vor einiger Zeit gelesen:
Seit 2. November 2002 steht Kreditnehmern auch bei Immobiliendarlehen ein Widerrufsrecht zu. Seither machten die Juristen von Banken und Bausparkassen jede Menge formale Fehler, weil sie die gesetzlich vorgeschriebene Musterbelehrung eigenständig abwandelten.
Die Folge: Selbst bei kleinsten Schnitzern startet die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Paragraf 355 Absatz 2 vorgegebene Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht. Der Vertrag ist nichtig. Viele Zehntausend Verbraucher mit älteren Darlehen bis 10. Juni 2010 nutzten bereits die Bankenfehler, um ihre hoch verzinsten Darlehen von teilweise vier bis fünf Prozent auf das heutige, billigere Zinsniveau von ein bis zwei Prozent umzuschulden oder sich Geld aus längst abgelösten Verträgen zurückzuholen. Am 22. Juni 2016 erlosch das Widerrufsrecht für die Altverträge. Der Gesetzgeber hatte dem Schlupfloch raus aus teuren Finanzierungen einen Riegel vorgeschoben.
Sind – wie hier dargestellt – Verträge mit falscher Widerrufsbelehrung nichtig?
Der Reihe nach … .
Das Widerrufsrecht bei Immobiliendarlehensverträgen ergibt sich aus § 495 Abs. 1 BGB:
Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
Zur Widerrufsfrist ist in § 356b Abs. 2 BGB geregelt:
Enthält bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag die dem Darlehensnehmer nach Absatz 1 zur Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht nach § 492 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 247 § 6 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben gemäß § 492 Absatz 6. In den Fällen der Sätze 1 und 2 beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Das Widerrufsrecht bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss oder nach dem in Absatz 1 genannten Zeitpunkt, wenn dieser nach dem Vertragsschluss liegt.
Und für Altfällte gilt nach Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 1 EGBGB:
Bei Immobiliardarlehensverträgen gemäß § 492 Absatz 1a Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vom 1. August 2002 bis einschließlich 10. Juni 2010 geltenden Fassung, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, erlischt ein fortbestehendes Widerrufsrecht spätestens drei Monate nach dem 21. März 2016, wenn das Fortbestehen des Widerrufsrechts darauf beruht, dass die dem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen hat.
Wir sehen: Hier ist aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung kein Vertrag nichtig – einzig und allein das Widerrufsrecht beginnt mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen. Um ein „unendliches“ Widerrufsrecht zu vermeiden, hat der Gesetzgeber reagiert: Nach einer gewissen Dauer erlischt das Widerrufsrecht auch dann, wenn niemals eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorgelegen hat.
Summa summarum: Im Focus-Text ist der Satz „Der Vertrag ist nichtig“ zu streichen.
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