Wie bereits angekündigt, wird sich innerhalb meines Blogs ein zweiter Schwerpunkt entwickeln, der sich mit Referendariats-Themen beschäftigt. Heute möchte ich die folgenden beiden Kaiser-Skripte vorstellen:
Horst Kaiser, Jan Kaiser, Torsten Kaiser
Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen
Band I: Technik, Taktik, Formulierungshilfen (7. Aufl. 2016)
Band II: Wiederholung und Vertiefung (5. Aufl. 2016)
Schonmal vorweg (ganz im Sinne der Maxime für Urteile: Zunächst das Ergebnis): Ich kann diese beiden Skripten empfehlen. Wie im Urteil: Begründung folgt.
Die beiden Skripte begleiten alle wesentlichen Lernschritte. Zunächst muss man sich den Stoff erarbeiten. Das kann man mit Band 1 tun. Die weiteren stets unumgänglichen Lernschritte sind die Wiederholung (gemäß der alten Maxime „repetitio est mater studiorum“) und die Vertiefung. Dieser Aufgabe kann man sich mit Band 2 widmen.
Insgesamt bilden die beiden Bände zur Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen einen didaktisch gelungenen Dreiklang: Lernen, Wiederholen, Vertiefen.
Als hilfreich empfinde ich, dass die Autoren die verschiedenen Themen nicht nur abstrakt darstellen, sondern immer wieder anhand von Fällen erläutern. Das hilft beim Verständnis ungemein. Da man als Referendar die verschiedenen prozessualen Probleme nicht nur verstehen, sondern in einer Klausur auch an der richtigen Stelle einordnen muss, sind die Hinweise dazu in den Skripten sehr zu begrüßen. Besonders gefreut habe ich mich zudem über die vielen Formulierungsvorschläge, welche die Autoren den Lesern anbieten. So werden die verschiedenen prozessualen Fragestellungen deutlich greifbarer. Abgerundet wird das Lernerlebnis durch Übersichten, die den Stoff gelungen visualisieren. Da man aus Fehlern am besten lernen kann, gehen die Autoren auch auf typische Fehler ein. Wenn man sich daran orientiert, kann man vermeiden, selbst einmal diese Fehler zu machen. Die Skripten sind so eine Art „Schutzimpfung“ gegen allfällig mögliche Klausurenkrankheiten ;-).
Nun muss jeder Rezensent üblicherweise noch nachweisen, dass er auch Detailbeobachtungen zur Verbesserung beitragen kann. Dazu meine Auswahlliste:
Kosten § 91 I 1 ZPO, vor. Vollstr. §§ 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 iVm § 709 S. 2 ZPO analog
(Band 1, Rn. 150)
Hier wird die analoge Anwendung mit der entsprechenden Anwendung verwechselt. § 711 ZPO verweist in seinem Satz 2 ausdrücklich auf § 709 S. 2 ZPO. Wegen dieses Verweises ist für eine Analogie kein Raum.
Denken Sie daran, dass anfechtbare Entscheidungen in Prozessen ohne Anwaltszwang gem. § 232 ZPO eine Rechtsmittelbelehrung enthalten müssen. Sie brauchen diese ohne konkrete Anweisung in dem Bearbeitervermerk nicht auszuformulieren. Die Anmerkung „Rechtsmittelbelehrung gem. § 232 ZPO“ nach den prozessualen Nebenentscheidungen und vor dem Vermerk „Unterschrift des erkennenden Richters“ reicht aus.
(Band 1, Rn. 270)
Die Differenzierung zwischen „Rechtsmittel“ und „Rechtsbehelf“ wird nicht berücksichtigt. Die amtliche Überschrift von § 232 ZPO heißt gerade „Rechtsbehelfsbelehrung“, weil eben nicht nur über Rechtsmittel, sondern auch über Rechtsbehelfe zu belehren ist.
Die geltend gemachten Zinsen stehen dem Kläger aus §§ 291, 288 I 2 BGB analog iVm § 261 I ZPO, § 187 I BGB analog ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit, dem …, zu.
(Band 1, Rn. 273)
Da § 291 S. 2 BGB ausdrücklich auf § 288 I 2 BGB verweist, liegt (wiederum) keine Analogie vor.
Sie können auch nicht gegen den Sachverständigen entscheiden. Wollen Sie schlauer sein als derjenige, den Sie beauftragt haben, weil Ihnen die spezielle Sachkunde fehlt? Bei eigener Sachkunde wäre das Gutachten gem. § 291 ZPO gar nicht erforderlich gewesen.
(Band 1, Rn. 293)
An dieser Stelle trennen die Autoren nicht zwischen dem Begriff der Gerichtskundigkeit und dem der Sachkunde des Gerichts, die einen Sachverständigenbeweis entbehrlich machen kann. Auf diese Differenzierung geht Assmann wie folgt ein:
Abzugrenzen ist der Begriff der Gerichtskundigkeit von dem der Sachkunde eines Gerichts. Die eigene Sachkunde des Gerichts kann lediglich einen Sachverständigenbeweis entbehrlich machen, führt aber nicht zur Offenkundigkeit gemäß § 291.
(Assmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 291 Rn. 14)
Und noch ein Zitat zur Thematik „Parteifähigkeit / Prozessfähigkeit“:
Die in § 50 ZPO geregelte Parteifähigkeit bereitet im Examen normalerweise keine Schwierigkeiten, weil bei deren Fehlen die Klage unzulässig wäre. Aus Gründen der Vollständigkeit sollten Sie bei juristischen Personen die ordnungsgemäße Vertretung durch einen Hinweis auf die entsprechenden Normen erwähnen.
(Band 1, Rn. 327)
Parteifähig ist nach § 50 I ZPO, wer rechtsfähig ist. An dieser Stelle spielen Vertretungsverhältnisse also noch keine Rolle. Für die Prozessfähigkeit nach § 51 ZPO ist zu klären, ob eine juristische Person ordnungsgemäß vertreten ist.
Nach stRspr ist eine sog. „Außengesellschaft bürgerlichen Rechts“ trotz fehlender vollständiger eigener Rechtsfähigkeit parteifähig. Entsprechendes gilt auch für nicht rechtsfähige Vereine. Die Parteifähigkeit von Wohnungseigentümergemeinschaften ist in § 10 VI WEG geregelt.
(Band 1, Rn. 328)
Dass nicht rechtsfähige Vereine klagen und verklagt werden können, ergibt sich (mittlerweile) aus § 50 II ZPO. Diese Norm sollte man zitieren, statt sich auf eine stRspr zu berufen.
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