Update: Am Ende des Beitrags ergänze ich Stellungnahmen von Prüfungsämtern zu der hier diskutierten Frage.
Gerade sortiere ich die 173. Ergänzungslieferung (Juni 2018) in meinen Schönfelder ein. Bei der Nummer 43 erhalte ich die Anweisung, diese fünf Blätter „ersatzlos herauszunehmen“. Nummer 43 beinhaltet das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG). Ist die Anweisung, dieses Gesetz aus dem Schönfelder auszusortieren, eine sinnvolle Anweisung?
Ich habe da so meine Bedenken …
Schließlich gilt das Lebenspartnerschaftsgesetz weiter. Geändert hat sich nur, dass gleichgeschlechtliche Paare künftig keine eingetragene Lebenspartnerschaft mehr eingehen können (§ 1353 Abs. 1 S. 1 i.d.F. v. Art. 1 Nr. 2 u. Art. 3 Abs. 3 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts v. 20.07.2017, BGBl. I 2017, S. 2787 f.). Das ändert allerdings nichts am Fortbestand der bisher geschlossenen eingetragenen Lebenspartnerschaften, die – falls gewünscht – in eine Ehe umgewandelt werden können (§ 20a LPartG):
Eine Lebenspartnerschaft wird in eine Ehe umgewandelt, wenn zwei Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben werden. Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor dem Standesbeamten abgegeben werden.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass in Klausur-Sachverhalten – wie im realen Leben selbstverständlich auch – weiterhin Rechtsfragen zur eingetragenen Lebenspartnerschaft auftreten können. Dann steht der Klausurant mit seinem Schönfelder ohne den einschlägigen Gesetzestext da, falls er der Aussortier-Anweisung gefolgt ist. Ich rate also davon ab, die Nummer 43 (LPartG) auszusortieren.
Nun soll man aber beim Nachsortieren zur Vertiefung des Verständnisses immer auch das Geleitwort „Schönfelder aktuell“ studieren. Auf dieses Geleitwort wird bei der Einordnungsanweisung in Fußnote 1 verwiesen. Und da lesen wir:
Das LPartG (Nr. 43) hat durch das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.7.2017 (BGBl. I S. 2787) weitgehend an Bedeutung verloren und ist im Rahmen dieser Textsammlung ersatzlos zu entnehmen. Es wird mit einer der kommenden Ergänzungslieferungen zum Schönfelder Ergänzungsband in diesen aufgenommen.
Diese Begründung vermag aus den genannten Gründen nicht zu überzeugen. Sowohl in der sozialen Wirklichkeit wie in der Klausurpraxis behält das LPartG seine Bedeutung. Und dass es irgendwann in den Ergänzungsband wandern soll, hilft bei einer bis dahin gestellten Klausur zum LPartG nicht.
P.S. An der Schönfelder-Umfangsbegrenzung kann es übrigens nicht liegen, dass das LPartG „ausgemustert“ werden soll. Wir reden hier von 5 Dünndruck-Blättern.
Update:
Aufgrund der Diskussion, inwiefern der von mir vorgeschlagene Weg, das LPartG nicht auszusortieren, prüfungskonform ist, habe ich alle Landesprüfungsämter um Auskunft gebeten.
Die ersten Antworten sind bereits eingetroffen. Es zeigt sich, dass man es in den einzelnen Bundesländern mit einer unterschiedlichen Lage zu tun hat. Der Rat lautet also, sich rechtzeitig beim zuständigen Prüfungsamt zu informieren, worauf auch einige Antworten ausdrücklich hinweisen. Die weiteren Antworten werden im Folgenden in chronologischer Reihenfolge referiert.
Niedersächsisches Landesjustizprüfungsamt
Es wird empfohlen, bestehende Gesetze, die nach wie vor in Kraft sind, nicht aus dem Schönfelder auszusortieren. Dies gelte auch für das Lebenspartnerschaftsgesetz.
Landesjustizprüfungsamt Mecklenburg-Vorpommern
Die einschlägige Verwaltungsvorschrift zu den Hilfsmitteln bei den Staatsprüfungen im Geschäftsbereich des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern (sog. Hilfsmittel-VV) verhalte sich nicht zur Aktualität der in den Prüfungen verwendeten Gesetzestexte, sondern lege den Prüflingen die Verpflichtung auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gesetzessammlungen und Textausgaben für die Prüfungen auf dem aktuellen Stand befänden. Deshalb spreche seitens des LJPA M-V nichts dagegen, eine ggfs. veraltete Version eines Gesetzes in den Sammlungen zu belassen, sofern diese die übrigen Voraussetzungen der Hilfsmittel-VV erfülle.
Landesjustizprüfungsamt Sachsen-Anhalt
Zugelassenes Hilfsmittel sei gemäß der AV zu den Hilfsmitteln in den juristischen Staatsprüfungen der Schönfelder, Deutsche Gesetze (Hauptwerk und Ergänzungsband) in der aktuellsten Fassung zum Prüfungszeitpunkt. Ein Belassen von auszusortierenden Blättern, Gesetzen, Synopsen oder auch Vorworten, berge das Risiko, dass der Gesetzestext als unzulässiges Hilfsmittel angesehen werden könne, da er nicht den Bestimmungen der genannten AV entspreche. Eine vergleichbare Regelung, wie in der bayrischen Hilfsmittelbekanntmachung, dass aussortierte Blätter lose zur Prüfung mitgebracht werden dürften, existiere in Sachsen-Anhalt nicht.
Man achte bei der Erstellung und vor der Ausgabe der Klausuren darauf, dass sich die erforderlichen Gesetze zur Lösung der Aufgabe in den zugelassenen Hilfsmitteln befinden. Sollten andere Vorschriften erforderlich sein, würden diese in Kopie der Aufgabe beigelegt.
Justizprüfungsamt Thüringen
Informationen zu den in den juristischen Prüfungen in Thüringen zugelassenen Hilfsmitteln fänden sich auf der Internetseite des Prüfungsamtes.
Gemeinsames Juristisches Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg
Die in der staatlichen Pflichtfachprüfung bzw. in der zweiten juristischen Staatsprüfung zugelassenen Hilfsmittel (und deren empfohlener Stand) ergebe sich aus der Bekanntmachung im Internet (hier und hier). Für ergänzende Fragen gebe es eine spezielle Informationsveranstaltung.
Landesjustizprüfungsamt Bayern
Die Schönfelder-Loseblattsammlung werde nicht als unzulässiges Hilfsmittel eingestuft, wenn das LPartG nicht aussortiert, sondern in der Sammlung beibehalten wird.
Seitens des Landesjustizprüfungsamtes werde jedoch sichergestellt, dass die Prüfungsaufgaben mit der jeweils aktuellsten Fassung der zugelassenen Hilfsmittel gelöst werden könnten. Sollten einzelne Gesetze aus der Schönfelder-Loseblattsammlung ausgelagert werden, würden die für die Fallbearbeitung notwendigen Vorschriften, welche nicht mehr in der aktuellsten Fassung der Hilfsmittel enthalten sind, mit dem Aufgabentext abgedruckt werden.
Landesprüfungsamt für Juristen Saarland
Die Zulassung von Hilfsmitteln richte sich im Saarland jeweils nach den Anordnungen des Präsidenten des Landesprüfungsamtes für Juristen über die Zulassung von Hilfsmitteln für die staatliche Pflichtfachprüfung (erste juristische Prüfung) und für die zweite juristische Staatsprüfung.
Die richtige und vollständige Einfügung von Ergänzungslieferungen zu Loseblattsammlungen liege ausschließlich im Verantwortungsbereich der Prüflinge selbst. Falls das Lebenspartnerschaftsgesetz entgegen der Einordnungsanweisung zur 173. Ergänzungslieferung aus dem Schönfelder nicht aussortiert wird, führe dies nicht zur Unzulässigkeit seiner Verwendung als Hilfsmittel.
Landesjustizprüfungsamt Baden-Württemberg
Das Landesjustizprüfungsamt Baden-Württemberg verweist in seiner Antwort auf die Informationen zu den in den juristischen Prüfungen in Baden-Württemberg zugelassenen Hilfsmitteln auf der Internetseite des Landesjustizprüfungsamtes und bittet entsprechend seiner ständigen Verwaltungspraxis um Verständnis dafür, dass Einzelanfragen zur Hilfsmittel-VwV nicht beantwortet werden können.
Landesprüfungsamt für Juristen in Rheinland-Pfalz
Das Landesprüfungsamt für Juristen in Rheinland-Pfalz hat zunächst auf die allgemeinen Informationen zu den zugelassenen Hilfsmitteln in den juristischen Staatsprüfungen in Rheinland-Pfalz verwiesen, die sich auf der Internetseite befinden. Auf Rückfrage hin wurde präzisiert, dass die Verwendung der zugelassenen Hilfsmittel nur in der vom jeweiligen Verlag herausgegebenen Fassung zulässig sei.
Landesjustizprüfungsamt Sachsen
Das Landesjustizprüfungsamt Sachsen prüfe bei der Auswahl der Klausuren, ob alle für die Bearbeitung der Klausur relevanten Gesetze in den zugelassenen Hilfsmitteln vorhanden seien oder ob sie ggf. gesondert zur Verfügung gestellt werden müssten.
Im Übrigen sei die Benutzung von Hilfsmitteln in der Hilfsmittelbekanntmachung in Sachsen wie folgt geregelt: „Jeder Prüfungsteilnehmer ist selbst verantwortlich, dass sich seine zugelassenen Hilfsmittel auf dem neuesten Stand befinden. Ergänzungslieferungen zu Loseblattsammlungen, die innerhalb von zwei Monaten vor Beginn eines Prüfungsteils erschienen und noch nicht eingeordnet sind, können bei diesem Prüfungsteil zusätzlich mitgebracht werden. Soweit solche Ergänzungslieferungen bereits eingeordnet sind, können die ausgeschiedenen Blätter mitgebracht werden.“
Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen
Das Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen hebt in einer sehr ausführlichen Antwort hervor, es ergebe sich eindeutig aus den „Weisungen für die Anfertigung von Aufsichtsarbeiten“ in der derzeit maßgeblichen Fassung (gültig ab März 2018), welche Hilfsmittel bei der Anfertigung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten im zweiten juristischen Staatsexamen zugelassen seien bzw. welchen Stand diese haben dürften. Diese Weisungen würden jeweils mit der Ladung zu den schriftlichen Aufsichtsarbeiten übersandt. Unabhängig davon seien diese Weisungen aber auch auf der Internetseite des Landesjustizprüfungsamtes in der Rubrik „Zweite juristische Staatsprüfung“ und dort unter dem Punkt „Aufsichtsarbeiten“ veröffentlicht. Insoweit sei das Landesjustizprüfungsamt der Auffassung, dass diese Weisungen präzise und aus sich heraus verständlich sind und deshalb keiner weiteren Erläuterung bedürften.
Ergänzend wird angemerkt, dass etwaige Erläuterungen durch das Landesjustizprüfungsamt – die vorliegend aber auch nicht veranlasst seien – zur Wahrung der Chancengleichheit nicht gegenüber einzelnen Referendarinnen und Referendaren erfolgen könnten. Sofern Referendarinnen und Referendare ausbildungsbezogene Fragen haben, könnten sie sich an ihre AG-Leiterin bzw. ihren AG-Leiter wenden. Diese / Dieser werde in der Regel in der Lage sein, die Frage zufriedenstellend zu beantworten. Sollte dies ausnahmsweise einmal nicht der Fall sein, könne sie bzw. er die jeweilige Ausbildungsleitung zu Rate ziehen. Diese wiederum stehe im Kontakt mit dem Landesjustizprüfungsamt und könne dort eine Klärung herbeiführen. Umgekehrt wähle auch das Landesjustizprüfungsamt in dem Fall, dass Referendarinnen und Referendaren eine Information erteilt werden sollte, entweder den Weg über die eigene Internetpräsenz oder über die Ausbildungsleitungen der Oberlandesgerichte, um sicherzustellen, dass die Information auch tatsächlich alle betroffenen Referendarinnen und Referendare erreiche.
Ich würde tunlichst nichts einordnen bzw drinlassen, was da nicht mehr reingehört. Wäre unzulässiges Hilfsmittel und kostet einen womöglich das Examen.
Danke für den wichtigen Hinweis auf die stets entscheidende Frage nach der Konformität mit den Hilfsmittelanordnungen für die Prüfung. Die Regelungen sind, was die Schönfelder-Nachlieferungen angeht, in den einzelnen Bundesländern nicht ganz einheitlich. In Bayern ist die von mir vorgeschlagene Verfahrensweise aber z.B. ausdrücklich erlaubt:
2038.3.3.2-J
Hilfsmittel für die Erste Juristische Staatsprüfung
(Hilfsmittelbekanntmachung EJS)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz
– Landesjustizprüfungsamt – vom 16. Oktober 2008
Az.: PA – 2230 – 9167/2008
zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 10. März 2015
Az.: PA 2230 – 2913/2012
https://www.justiz.bayern.de/media/pdf/ljpa/ejs/hilfsmittelbekanntmachung__g%C3%BCltig_ab_1._september_2016__erstmals_im_termin_2016_2_.pdf
Man sollte sich also im Einzelfall vergewissern.
Dabei geht es doch um die jeweils neueste EL, die man mitbringen darf bzw die zuletzt aussortierte. Als Ganzes. Wie soll davon erfasst sein, einen Teil einer (evtl weit vor dem Examen aussortierten) EL einfach drin zu lassen. Der Schönfelder muss schon dem Stand einer Version entsprechen. So würde ich das verstehen.
Danke für die Mithilfe bei der Exegese der bayerischen Hilfsmittelbekanntmachung!
[…] eingegangen werden können, gibt es doch noch eingetragene Lebenspartnerschaften (vgl. dazu den Blog-Beitrag vom 8. Juli 2018). Also muss doch auch die Konfliktsituation, die § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB im Auge hatte, im […]
[…] dass eingetragene Lebenspartnerschaften zwar nicht mehr begründet werden können, aber dennoch weiter existieren. Außerdem haben wir uns mit der gesetzgeberischen Technik beschäftigt, in § 21 LPartG Regelungen […]