Heute soll es mal wieder um eine Beobachtung gehen, die ich beim Durcharbeiten der Aktenvorträge des Landes Nordrhein-Westfalen gemacht habe. In dem Prüfervermerk zur Vortragsakte KV-Nr. 1507 heißt es:
Das Landgericht Münster dürfte sachlich und örtlich zuständig sein. Die sachliche Zuständigkeit des LG ergibt sich aus §§ 1, 3, 5, 8 ZPO iVm §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG iVm 41 I 1 GKG.
Da habe ich mich gefragt: Warum prüft man im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit § 41 GKG (Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse) und damit eine Norm, die sich auf den Gebührenstreitwert bezieht?
Für die sachliche Zuständigkeit bei Pacht- oder Mietverhältnissen ist an sich § 8 ZPO (Pacht- oder Mietverhältnis) einschlägig:
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Für den Gebührenstreitwert legt § 41 Abs. 1 S. 1 GKG fest:
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend.
Und wenn wegen einer Räumung geklagt wird, § 41 Abs. 2 S. 1 GKG:
Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt.
Da es in dem Aktenvortrag um eine Räumung geht, wäre sowieso § 41 Abs. 2 S. 1 GKG und nicht § 41 Abs. 1 S. 1 GKG einschlägig. Das aber auch nur im Rahmen des Gebührenstreitwertes.
Für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit bleibt es bei § 8 ZPO – § 41 GKG darf nicht herangezogen werden:
Die Vorschrift [§ 41 GKG, M.H.] gilt nur für die Bemessung des Gebührenstreitwerts; für den Zuständigkeitswert bleibt es bei den Bestimmungen der ZPO […].
(BeckOK KostR/Schindler, 22. Edition 2018, § 41 GKG, Rn. 2)
Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert darf man nicht miteinander verwechseln, denn sie unterscheiden sich zum Teil drastisch, man vergleiche nur § 41 GKG mit § 8 ZPO […].
(Schellhammer, Zivilprozess, 15. Aufl. 2016, Rn. 789)
In diesem Sinne: Wieder etwas gelernt.
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