Heute können wir auf Einladung von Thomas Fischer eine kleine Zeitreise in die Geschichte des Strafgesetzbuchs unternehmen. Der Nutzen solcher Zeitreisen ergibt sich daraus, dass sie ein beliebter Teil von Prüfungsgesprächen sind.
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. So lautet, knapp und übersichtlich, § 15 StGB seit ungefähr 140 Jahren. Das enthält zwei Botschaften. Erstens: Man muss unterscheiden zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Zweitens: Man muss strafbares Verhalten unterscheiden nach Vorsatz und Fahrlässigkeit.
Wer sagt: Recht hat er mit der Zeitangabe? Und wer hat Zweifel?
Rechnen wir als Erstes aus, wohin uns der Fischer’sche Zeitsprung führt: Geschrieben wurde der Debattenbeitrag im Jahre 2018. Also 2018 – 140. Demnach landen wir im Jahr 1878. Dieses Jahr weist keine besondere Bedeutsamkeit für das Strafgesetzbuch auf. Aber Fischer sagt ja „seit ungefähr 140 Jahren“. Suchen wir deswegen ein wenig im zeitlichen Umfeld des Jahres 1878. Da werden wir fündig: Am 1. Januar 1872 trat das am 15. Mai 1871 verkündete (RGBl. 1871, S. 127) Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich in Kraft. Und wie lautete dort § 15? So:
Die zur Zuchthausstrafe Verurtheilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten.
Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, insbesondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden.
Als am 25.8.1953 der Text des Strafgesetzbuchs bekannt gemacht wurde, hatte § 15 StGB noch denselben Wortlaut wie 1871 (BGBl. I 1953 1083, 1084):
(1) Die zur Zuchthausstrafe Verurteilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten.
(2) Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, insbesondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden.
Erst mit dem 2. Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4.7.1969 erhielt § 15 StGB die von Fischer zitierte Fassung (vgl. BGBl. I 1969, S. 717, 720).
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