Verlobung oder Verlöbnis?

Heute mal wieder „Frage und Antwort“.

Die Frage lautet:
 
Ist „Verlobung“ gleich „Verlöbnis“?
 
Was würdet ihr antworten, wenn der Prüfer das fragt?
 
(Dass man natürlich spontan denken wird „Muss das wirklich sein?“, hilft nicht wirklich weiter. Wohl aber hoffentlich die Lektüre des Folgenden.)
 
Es gibt zu der Frage zwei Standpunkte.
 
Standpunkt Nr. 1:
 
Man muss terminologisch zwischen „Verlobung“ und „Verlöbnis“ unterscheiden. Dieser Standpunkt wird z.B. folgendermaßen zum Ausdruck gebracht:
Für das gegenseitige Eheversprechen (Verlobung) oder für das durch Verlobung begründete Rechtsverhältnis (Verlöbnis) enthält das EGBGB keine Anknüpfungsregel. 
 
(BeckOK BGB/Mörsdorf-Schulte, EGBGB, 43. ed. 2017, Art. 13 Rn. 23)
 
Also:
 
Eheversprechen = Verlobung
 
Das durch Verlobung begründete Rechtsverhältnis = Verlöbnis
 
Standpunkt Nr. 2:
 
Sowohl das gegenseitige Eheversprechen als auch das dadurch begründete Schuldverhältnis werden als „Verlöbnis“ bezeichnet: 
 
Der Begriff „Verlöbnis“ hat eine doppelte Bedeutung. Er bezeichnet: 
 
a) das gegenseitige Versprechen von Mann und Frau, miteinander die Ehe einzugehen (die „Verlobung“), 
 
b) das durch dieses Versprechen begründete Rechtsverhältnis zwischen den Verlobten (den „Brautstand“).
(BeckOK BGB/Hahn BGB § 1297, 43. ed. 2017, Rn. 2)
 
Hier wird so wie bei Standpunkt 1 differenziert, allerdings mit dem Unterschied, dass für das gegenseitige Eheversprechen und für das dadurch begründete Schuldverhältnis der gleiche Terminus verwendet wird (nämlich „Verlöbnis“). Der Terminus „Verlöbnis“ wird also als doppeldeutig behandelt. Da nun aber der Entstehungsakt (gegenseitiges Eheversprechen) etwas anderes ist als das dadurch begründete Schuldverhältnis, müsste man, um Verwirrung zu vermeiden, von „Verlöbnis im Sinne 1“ (= gegenseitiges Eheversprechen) und „Verlöbnis im Sinne 2“ (durch das Eheversprechen begründetes Rechtsverhältnis) sprechen. Der Sache nach wäre man damit beim Standpunkt 1 angekommen, der aber den Vorteil hat, einfacher zu verstehen (und zu merken) zu sein.
 
Auch praktisch verdient Standpunkt 1 den Vorzug. Denn die Frage „Wollen wir uns verloben?“ ist verständlicher als die Frage „Wollen wir durch Verlöbnis ein Verlöbnis begründen?“.
 
Dahingestellt sei, ob die Einführung des weiteren Terminus „Brautstand“ für das durch das Eheversprechen begründete Rechtsverhältnis zweckmäßig und zeitgemäß ist.
 
Mit diesem terminologischen Wissen ist man nun gewappnet, sollte man einmal gefragt werden, ob „Verlobung“ und „Verlöbnis“ dasselbe bedeuten. Man weiß ja nie … .

2 comments

  1. 123 sagt:

    „Willst du mich heiraten?“ klingt aber nicht nur romantischer als „wollen wir uns verloben?“, sondern scheint mir im Hinblick auf den zentralen Aspekt des Eheversprechens auch „richtiger“ zu sein … selbst für junge Juristen, die aus diesem bedeutsamen Anlass natürlich ein lege artis formuliertes, alle essentialia negotii eines Verlöbnisses umfassendes Angebot abgeben wollen …

    • klartext-jura sagt:

      Da kann ich nur sagen: Sie haben wohl recht … . Das Recht sollte immer auch (soweit möglich) die emotionale Seite mit berücksichtigen. Und natürlich steht die Frage der Heirat im Mittelpunkt. Denn wie schreibt Roth zu „Pflichten aus dem Verlöbnis“? „Trotz fehlenden Erfüllungszwanges besteht nach hL eine Rechtspflicht zur Eheschließung.“ (MüKoBGB/Roth, 8. Aufl. 2019, BGB § 1297 Rn. 17)

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