Vor ein paar Wochen habe ich an einem Oberlandesgericht als Teil der Öffentlichkeit an einer Berufungsverhandlung teilgenommen. In der Verhandlung ging es u.a. um die Frage, ob ein Anspruch im Zusammenhang mit einem Anwaltshaftungsfall bereits verjährt ist. Ein Richter dieses Oberlandesgerichtes war im Rahmen eines PKH-Verfahrens der Auffassung, dass bereits Verjährung eingetreten sei. Der nun im Anwaltshaftungsfall zur Entscheidung in der Sache berufene Senat hat in der mündlichen Verhandlung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass bei der Entscheidung im PKH-Verfahren etwas schief gelaufen sein müsse. Die Feststellung war: „1-2-3 genügt nicht“. Aber der Reihe nach.
Die Regelverjährung ist in § 195 BGB geregelt. Dort heißt es:
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Wie bei allen Fristen muss man sich die Frage vorlegen, wann die Frist beginnt. Insofern hilft § 199 BGB weiter. In § 199 Abs. 1 BGB ist normiert:
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Und damit sind wir an dem punctum saliens angelangt. Es genügt für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht, dass objektiv ein Anspruch entstanden ist. Vielmehr muss ein subjektives Element hinzutreten: Der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste. Das ist genau der Aspekt, den der Vorsitzende des Senats in der Verhandlung immer wieder betonte. Es ist falsch, wenn man lediglich überprüft, in welchem Jahr ein Anspruch entstanden ist und von dort aus „1-2-3 zählt“. Bevor man „1-2-3 zählen kann“, muss man überprüfen, wann der Gläubiger auch von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Erst wenn dieser Zeitpunkt feststeht, kann man „1-2-3 zählen“.
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