Nacherfüllung ausgeschlossen?

Jura im Alltag ist wirklich spannend – deshalb heute wieder einmal eine Geschichte „mitten aus dem Leben“. Ich war auf der Suche nach einem Geschenk und habe im Internet (den konkreten Shop nenne ich aus naheliegenden Gründen nicht) eine schöne Bluse entdeckt. Also gesagt, getan: Die Bluse habe ich bestellt. Wenige Tage später traf die Bluse ein. Ich habe einen kurzen Blick darauf geworfen, sie für gut befunden und als Geschenk verpackt. Als ich die Bluse dann etwas später verschenkt habe, hat sich die beschenkte Person zunächst sehr gefreut. Allerdings hat sie mich dann vorsichtig darauf aufmerksam gemacht, dass auf der Bluse ein kleiner Fleck sei. Dies sei natürlich kein Problem, sie werde versuchen, die Bluse irgendwie zu reinigen. Aber gibt es da nicht noch eine andere Möglichkeit, wenn man die Dinge streng juristisch angehen will (was man nicht immer tun sollte)?

Zunächst vorab: Natürlich könnte man darüber nachdenken, einen kleinen Fleck selber zu entfernen. Ich hatte dies aber weder mir noch der beschenkten Person zugetraut, weswegen mir an Ansprüchen gegen den Verkäufer gelegen war.

Ich habe dann an § 439 Abs. 1 BGB gedacht:

Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Also habe ich den Shop kontaktiert und gefragt, wie wir nun verfahren könnten. Erst einmal kam keine Rückmeldung. Nach etwas mehr als zwei Wochen hat mich die beschenkte Person gefragt, wie meine Bemühungen rund um die Bluse ausgegangen seien. Ich musste dann gestehen, dass ich die Geschichte aus den Augen verloren hatte, aber noch einmal bei dem Shop nachfragen würde. Noch am gleichen Tag erhielt ich folgende Antwort:

Bitte melden Sie Ihre Reklamation über diesen Link an. […]

Verwenden Sie bitte die betreffende Bestellnummer und die zugehörige Email-Adresse.

Wählen Sie nach der Anmeldung bitte den betroffenen Artikel aus und geben den Grund „Defekt“ an, hier müssen Sie bitte ein Bild hochladen.

Im Anschluss erhalten Sie das Label per QR Code wie auch die PDF Datei zum ausdrucken.

Sobald wir die Reklamation vorliegen haben, werden wir den Sachverhalt prüfen.

Sollte ein Qualitätsmangel bestehen erhalten Sie nach der Bearbeitung die Rückerstattung des Kaufbetrages.

Sollten Sie noch Fragen haben stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Ich setzte also diesen Vorgang in Bewegung, merkte aber an, dass ich eine Rückerstattung des Kaufbetrags nicht wünsche. Vielmehr lege ich Wert darauf, die Bluse in einem einwandfreien Zustand zu erhalten. Daraufhin wurde mir mitgeteilt:

Leider bieten wir keinen Umtausch an. Sie müssten den Artikel bitte neu im Shop bestellen.

Nun gut. Um eine Diskussion zu umgehen, habe ich dann versucht, den Artikel neu im Shop zu bestellen. Ich scheiterte aber daran, dass ich diesmal – anders als bei der ersten Bestellung – nur diese eine Bluse bestellen wollte und damit den Mindestbestellwert im Shop nicht erreichte. Also, erneute Rückfrage beim Kundenservice mit folgender Antwort:

Guten Tag,

leider kann ich Ihnen keinen neuen Artikel zusenden. Aus diesem Grund habe ich soeben die Erstattung veranlasst.

Sie müssen den defekten Artikel nicht zurück senden.

Man wollte mir nun damit entgegenkommen, dass ich den defekten Artikel – den ich längst zurück geschickt hatte – nicht zurücksenden muss. Aber damit habe ich immer noch keine Bluse in einem einwandfreien Zustand, sodass diese Lösung nicht zielführend war. Noch ein letztes Mal habe ich versucht zu erklären, dass das BGB mir in § 439 das Recht auf Nacherfüllung einräumt. Und siehe da:

Hallo Frau Herberger,

wir werden Ihnen den Artikel am Montag zusenden. 

Mit besten Grüßen

Wir sehen also: Nacherfüllung lässt sich auch im Online-Handel durchsetzen, man muss nur hartnäckig genug sein.

2 comments

  1. Ralph sagt:

    Die Nacherfüllung ist bei Online-Shops immer ein spannendes Thema: Unternehmer kalkulieren ein, dass dem Kunde die rechtlichen Mühen zu hoch sind und der Weg des geringsten Risikos gewählt wird (hier Rückversand und Neubestellung). Daneben ist gerade bei teuren/technischen Sachen, etwa ein Notebook, das Bestehen auf die Lieferung einer mangelfreien Sache vorteilhaft gegenüber der uU langwierigen Mangelbehebung im Wege der Reparatur. Explizit wird kein Händler auf die Optionen hinweisen bzw. sich im Zweifel auf die Unverhältnismäßigkeit zu berufen versuchen.

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