Es gibt scheinbar fast so eine Art „Anscheinsbeweis“ dafür, dass das BGB kein amtliches Inhaltsverzeichnis hat. Wer nämlich einen BGB-Paragraphen bei „Gesetze im Internet“ aufschlägt, findet links über dem Text den Link „Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis“. Beim Klick darauf wird man in eine Inhaltsübersicht des BGB geführt. Fragt sich nun, ob man es dabei – wie die Linkbezeichnung verlautbart – mit einem nicht-amtlichen Inhaltsverzeichnis zu tun hat.
Man kann schon ahnen, dass die Antwort auf die Frage lautet: Das BGB hat ein amtliches Inhaltsverzeichnis. Vor der Schuldrechtsreform war das nicht so. Da gab es lediglich einige Paragraphen mit amtlichen Überschriften, die durch das (nicht mehr existierende) Fernabsatzgesetz in das BGB gelangt waren. Die sich daraus ergebende Uneinheitlichkeit sollte im Rahmen der Schuldrechtsreform beseitigt werden. Und so ist es dann auch geschehen. Das „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ vom 26. November 2001 (BGBl. I, S. 3138-3218) sagt in Art. 1 Abs. 2:
Dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 400-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Absatz 1, wird die aus der Anlage zu dieser Vorschrift ersichtliche Inhaltsübersicht vorangestellt. Die Untergliederungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhalten die Bezeichnung und Fassung, die sich jeweils aus der Inhaltsübersicht in der Anlage zu dieser Vorschrift ergibt. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhalten die Überschriften, die sich jeweils aus der Inhaltsübersicht in der Anlage zu dieser Vorschrift ergeben.
BGBl. 2001 I, S. 3170
Der entsprechende Anhang mit einem vollständigen Inhaltsverzeichnis für das BGB findet sich in der Gesetzesveröffentlichung dann auf den Seiten 3189-3218.
Hat die Erkenntnis, dass es ein amtliches Inhaltsverzeichnis für das BGB gibt, nun einen praktischen Wert für die Arbeit im Studium? Das ist der Fall: Es ist methodisch gestattet, die amtlichen Überschriften bei der Auslegung heranzuziehen, was bei nicht-amtlichen Überschriften ausgeschlossen ist.
Bemerkenswerterweise gibt es eine einzige Vorschrift im BGB, die keine amtliche Überschrift hat. Es handelt sich um § 1588, den sogenannten Kaiserparagraph. Woran das liegt, weiß ich aber leider auch nicht.
Danke für den Hinweis: In der Tat hat § 1588 BGB keine amtliche Überschrift. Es ist mir nicht gelungen zu klären, was der Grund dafür ist.