Als ich vor einiger Zeit im „Naturwald“ Kahler Berg (Bielefeld) spazieren gegangen bin, fiel mein Blick auf nebenstehendes Schild. Darauf steht:
Diese Waldparzelle, mit einer Fläche von 25,4 ha, wurde von der städischen Forstverwaltung aus der Bewirtschaftung genommen und im Wesentlichen der natürlichen Entwicklung (Sukzession) überlassen, d.h. keinen forstlichen Nutzungen und Eingriffen ausgesetzt. Eine Ausnahme stellt jedoch die Verkehrssicherungspflicht am Rand dar, die in einem Naherholungsgebiet unumgänlich ist. So kann nach langer Zeit eine neue Urwaldwildnis mit all ihren ökologischen Reizen entstehen.
Hier ist ein juristischer Beitrag zu der Entstehung dieses Textes unverkennbar. Die Stichworte „Wald“ und „Verkehrssicherungspflicht“ haben mich an meine Examensvorbereitung erinnert. Denn seinerzeit hatte ich mich mit einem Fall zu beschäftigen, der vom LG Saarbrücken über das OLG Saarbrücken bis zum BGH gegangen ist (Urt. v. 02.10.2012, VI ZR 311/11). Es ging um die Haftung des Waldbesitzers wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.
Ausgangspunkt war die generelle Bestimmung einer Verkehrssicherungspflicht: Wer eine Gefahrenlage schafft, muss die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Anderer möglichst zu verhindern. Dann wurde aber § 25 Abs. 5 Satz 1 des WaldG für das Saarland relevant:
Die Benutzung des Waldes erfolgt auf eigene Gefahr. Besondere Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten werden nicht begründet. Wer den Wald benutzt, hat sich so zu verhalten, dass die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört, der Wald nicht beschädigt, gefährdet oder verunreinigt sowie die Erholung anderer nicht beeinträchtigt wird.
Die Benutzung des Waldes erfolgt also auf eigene Gefahr. Daraus wird abgeleitet, dass ein Waldbesitzer grundsätzlich nur für atypische Gefahren, nicht aber für waldtypische Gefahren haftet. Zu den typischen Gefahren des Waldes gehörten – so der BGH – solche, die sich aus der Natur bzw. der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben. In dem konkreten Fall ging es seinerzeit um einen Astabbruch. Damit hatte sich eine Gefahr verwirklicht, die in der Natur des Baumes begründet war. Es war also keine atypische Waldgefahr.
So viel zu unserem Lernhäppchen für diese Woche.
P.S. Wer weiter durch den saarländischen Wald wandern will und dabei über Verkehrssicherungspflichten nachdenkt, kann ergänzend die Entscheidung des OLG Saarbrücken zu Verkehrssicherungspflichten auf Premiumwanderwegen studieren 🙂 (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urt. v. 16. März 2017 – 4 U 126/16).
Die gleiche Frage und ergänzend die Abgrenzung zum Waldgesetz stellt sich bei Naturschutzgebieten. Dazu hat der BGH noch nicht explizit entschieden. Allerdings finden sich im BNatschG und den Landesnaturschutzgesetzen ähnliche Formulierungen wie in den Waldgesetzen.