Heute soll eine Thematik betrachtet werden, die in Klausuren eine Rolle spielen kann, aber auch im eigenen Berufsleben relevant ist. Es geht um die Berechnung des Urlaubsanspruchs von Arbeitnehmern. Wir wählen für unser Beispiel einen Arbeitnehmer, der seit einem Jahr bei seinem Arbeitgeber arbeitet.
Ausgangspunkt für die Berechnung des Urlaubsanspruchs ist insofern § 3 Abs. 1 BUrlG. Dort heißt es:
„Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.“
Eine erste Frage ist nun die, was im Sinne von § 3 Abs. 1 BUrlG unter „Werktagen“ zu verstehen ist. Insofern hilft § 3 Abs. 2 BUrlG weiter:
„Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.“
Da der Samstag hier als Werktag behandelt wird – er ist weder Sonntag noch gesetzlicher Feiertag – geht das Bundesurlaubsgesetz also von einer 6-Tages-Woche aus. Wer in einer 6-Tages-Woche arbeitet, erhält nach § 3 Abs. 1 BUrlG mindestens 24 Werktage Urlaub. Wie sieht es aber aus, wenn man nur einen Tag pro Woche zu arbeiten hat, sich also gewissermaßen in einer 1-Tages-Woche befindet?
In diesem Fall ist der Urlaubsanspruch aus § 3 Abs. 1 BUrlG durch 6 zu teilen. Damit beträgt der Mindesturlaubsanspruch dann 4 Werktage.
Jetzt soll die Komplexität noch etwas erhöht werden. Und zwar haben schwerbehinderte Menschen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 SGB IX einen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr. Bevor wir hier nun zu rechnen beginnen, ist es unabdingbar, sich § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vollständig zu Gemüte zu führen:
Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr; verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend.
Grundlage ist hier eine 5-Tages-Woche.
Für unserem Ausgangsfall heißt das: Ein schwerbehinderter Mensch arbeitet in einer 6-Tages-Woche. Wie hoch ist sein Urlaubsanspruch? Zunächst hat dieser Arbeitnehmer einen Anspruch auf 24 Werktage Urlaub aus § 3 Abs. 1 BUrlG. Dazu addiert werden muss der Zusatzurlaub aus § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Allerdings geht § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht von einer 6-Tages-Woche, sondern von einer 5-Tages-Woche aus. Unser Arbeitnehmer hat demnach einen Anspruch auf 6 zusätzliche Urlaubstage ([5/5]*6). Sein Urlaubsanspruch beläuft sich damit insgesamt auf 30 Werktage.
Abschließend noch die Frage, wie hoch der Urlaubsanspruch für einen schwerbehinderten Arbeitnehmer ist, der in einer 1-Tages-Woche arbeitet. Ausgangspunkt ist der bereits berechnete Anspruch auf 4 Urlaubstage aus § 3 Abs. 1 BUrlG. Addiert werden muss dann noch ein Tag Zusatzurlaub aus § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Der schwerbehinderter Arbeitnehmer, der in einer 1-Tages-Woche arbeitet, hat demnach einen Urlaubsanspruch von insgesamt 5 Werktagen.
Wir sehen also: Es ist essentiell zu berücksichtigen, wie viele Tage der Gesetzgeber der Arbeitswoche jeweils zugrunde gelegt hat, um den entsprechenden Urlaubsanspruch festzulegen. Wenn der konkrete Arbeitnehmer eine anders gestaltete Arbeitswoche hat als im Gesetz zugrunde gelegt, müssen wir im Wege des Dreisatzes die entsprechenden Urlaubstage berechnen.
Im Urlaubsrecht kommt einem oft in den Sinn, ob die viel zitierte Maxime „iudex non calculat“ der Überarbeitung bedarf :-).
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