Die Zahl 10 hat eine ehrwürdige Bedeutung. Schon der Hinweis auf die zehn Gebote belegt das. Die Zahl 10 bringt Vollkommenheit zum Ausdruck (vgl. Großfeld, Zeichen und Zahlen im Recht. Zahlen und Zeichen in Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung, Tübingen 1993, S. 167 ff.). Und damit steht zugleich fest: Eine so ehrwürdige Aura in Anspruch zu nehmen, nur weil eine Zehner-Jahreszahl mit im Spiel ist, ziemt sich nicht. Deswegen soll als Geburtstagslektüre ein Erlebnis erzählt werden, bei dem die Zahl 10 als Bestandteil einer Google-Recherche zu einer Überraschung und einer darauf gründenden Erkenntnis geführt hat. Überraschung und Erkenntnis sind IMHO für eine kleine Geburtstagsmiszelle ausreichend.
Am Anfang meiner hier zu berichtenden Google-Erfahrung stand die Suche mit einem Aktenzeichen. Damit eine erste Sondierung mit Hilfe von Google vorzunehmen, ist als Einstieg häufig recht nützlich. In concreto ging es um das Aktenzeichen 2 O 10/22. Zu welchem Suchergebnis führt nun die Suche mit 2 O 10/22? Der erste „Treffer“ sah wie folgt aus:
Überraschung: Google hat das den Suchterm ausmachende Aktenzeichen als Rechenaufgabe interpretiert und schrittweise einer Lösung zugeführt. Dabei fällt angenehm auf, dass der Lösungsweg schrittweise erklärt wird – ein klarer Fall von explainability, nach der wir ja im KI-Bereich nachhaltig suchen.
Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass im Anschluss an die Interpretation der Suchaufgabe als Rechenaufgabe noch weitere Suchergebnisse ausgeworfen werden, die sich teilweise auf partiell dem Suchterm ähnliche Aktenzeichen beziehen. Aber auch Codes für Bauteile werden als mögliche Treffer erwogen (z.B. Doppelrosette 2-teilig Rohrabstand 50mm flach, Radlaufschutz Rechts für VW Amarok usw.) Es sieht so aus, als sei Google etwas ratlos, was das Verständnis von „2 O 10/22“ angeht.
Am Ende dieses kleinen Erfahrungsberichts drängt sich natürlich die Frage auf, ob es eine Gerichtsentscheidung mit dem Aktenzeichen „2 O 10/22“ gibt. Nach Konsultation der juristischen Fachdatenbankern wäre diese Frage wohl zu verneinen. Aber da ist Vorsicht geboten: Es sind ja keineswegs alle Gerichtsentscheidungen veröffentlicht. Und von der Aktenzeichen-Logik her müsste es eigentlich das Aktenzeichen „2 O 10/22“ geben, weil doch sicherlich „in 2022“ irgendwo bei Gericht eine zehnte Entscheidung gefällt wurde.
Wer nun denkt, dass Google bei Aktenzeichen nur zu rechnen beginnt, wenn es keine passende Entscheidung gibt, der irrt. Man versuche es einmal mit „2 O 10/23“.
Für diejenigen, die historische Betrachtungen lieben, hier eine Übersicht zu den bisherigen Geburtstagsbeiträgen:
Zum 9. Geburtstag des Blogs: Etwas Spekulatives zur Zahl „Neun“ im Recht
Zum 8. Geburtstag des Blogs: Ein praktischer Klausurtipp
Zum 7. Geburtstag des Blogs: Die „mystische Zahl“ Sieben im BGB
Zum 6. Geburtstag des Blogs: Ist die „6“ eine Glückszahl?
Zum 5. Geburtstag des Blogs: Die Gratwanderung zwischen „postulationsfähig“ und „prostitutionsfähig“
Zum 4. Geburtstag des Blogs: Vier Fäuste für ein Halleluja.
Zum 3. Geburtstag des Blogs: Aller guten Dinge sind drei.
Zum 2. Geburtstag des Blogs etwas Ernsthaft-Kritisches: Rezension von Numerius Negidius
Zum 1. Geburtstag des Blogs etwas Heiter-Lockeres: Das Böse ist immer und überall
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