In der JA 2014, 687ff findet sich in der Kategorie „Übungsblätter Referendare“ eine Klausur von Jäckel, die mit „Probleme beim Internethandel“ betitelt ist. Die Klausur spielt im Jahre 2013. Leider wird die Klausur auch auf dem Rechtsstand von 2013 gelöst. Sachlich ist das natürlich richtig, wie man Art. 229 § 32 I EGBGB entnehmen kann:
§ 32 Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung
(1) Auf einen vor dem 13. Juni 2014 abgeschlossenen Verbrauchervertrag sind die Vorschriften dieses Gesetzes, des Bürgerlichen Gesetzbuchs, […] in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden.
Das bringt für Studenten, und auch Referendare Probleme mit sich. Man soll im eigenen Interesse immer mit einer aktuellen Gesetzessammlung arbeiten – da sind die alten Normen aber nicht abgedruckt. Zudem möchte man doch gerade jetzt, wo das Recht sich erst geändert hat, die neue Rechtslage einstudieren und nicht in der Vergangenheit verweilen.
Im BGBl I 2013, 3642ff sieht man, dass es Veränderungen gegeben hat:
Wenn Jäckel in der JA 2014, 687 (691) zB von einem Fernabsatzvertrag iSv § 312b I BGB spricht oder einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nach § 360 I BGB, so handelt es sich um Normen, die wir aktuell im BGB nicht an dieser Stelle finden.
Gehen wir die Paragraphen im Jäckel-Beitrag der Reihe nach durch:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch über 250 EUR aus §§ 357 I 1, 346 I BGB. (Jäckel, S. 691)
Hier hat sich eine grundlegende Systematik geändert. Förster fasst das in der JA 2014, 801 gelungen wie folgt zusammen:
Auffällig ist insbesondere, dass das separat normierte Rückgaberecht des Verbrauchers entfallen ist (§ 356 BGB aF), die Rechtsfolgen des Widerrufs hingegen nunmehr eigenständig geregelt und nicht mehr durch Verweisung auf das allgemeine Rücktrittsrecht bestimmt werden (vgl. § 357 I BGB aF).
In Zukunft müssen wir als Anspruchsgrundlage formulieren (Schärtl, JuS 2014, 577 (578)):
Einheitliche Anspruchsgrundlage für die Rückgewähr bereits erbrachter Primärleistungen sind die §§ 355 III 1, I, 357 I, 312 g I, 312b (bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen) bzw. 312c (bei Fernabsatzverträgen), 356.
Wir sollten also schreiben: Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch über 250 EUR aus §§ 355 III 1, I, 357 I, 312g I, 312c, 356 BGB.
Weiter im Text von Jäckel, S. 691:
Jedoch hat die Klägerin ihre Vertragserklärung (widerrufen wird nicht der Vertrag als Ganzes, sondern nur die auf den Vertragsschluss zielende Willenserklärung des Verbrauchers; vgl. BGH NJW-RR2004, 1058 f.) gem. §§ 312 d I, 355 BGB widerrufen, sodass sie die Rückerstattung des bereits entrichteten Kaufpreises verlangen kann.
Hier wären jetzt §§ 312g I, 355 BGB zu zitieren.
Es handelte sich um einen Fernabsatzvertrag iSv § 312 b I BGB, denn die Beklagte als Unternehmerin bedient sich der Vertriebsform des Internethandels und der Vertrag wurde auch über das Internet geschlossen. (Jäckel, S. 691)
Der Fernabsatzvertrag ist jetzt in § 312c BGB (Legaldefinition des Fernabsatzvertrages in Absatz 1 und Legaldefinition von Fernkommunikationsmitteln in Absatz 2) geregelt.
Sie wurde ordnungsgemäß und in Textform nach § 360 I BGB über ihr Widerrufsrecht belehrt. (Jäckel, S. 691)
Die Belehrungspflichten iSv Informationspflichten finden sich jetzt in § 312d I BGB.
Der Inhalt der Widerrufsbelehrung entspricht im Wesentlichen dem Muster aus Anlage 1 zu Art. 246 EGBGB und ist nicht zu beanstanden. (Jäckel, S. 691)
Das Muster ist jetzt in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 zu finden.
Die Frist beginnt, nachdem alle Informationspflichten erfüllt worden sind, mit dem Eingang der Ware beim Empfänger (§ 312 d II BGB). (Jäckel, S. 691)
Hier wäre jetzt § 356 II Nr. 1a, III 1 BGB zu zitieren.
Die Widerrufsfrist begann demnach, als die Klägerin das Paket am 14.5.2013 tatsächlich in den Händen hielt. Soweit die Beklagte diesen Zeitpunkt bestreitet, kann sie damit nicht durchdringen. Denn sie ist gem. § 355 III 3 BGB beweisbelastet, hat jedoch keinerlei Beweis angeboten. (Jäckel, S. 692)
Die Beweislastregel findet sich jetzt in § 361 III BGB.
Mithin ist die Frist am 28.5.2013 abgelaufen (§§ 187 I, 188 II BGB). An diesem Tag hat die Klägerin die Ware zurückgesandt. Das ist gem. § 355 I 2 Hs. 2 BGB ausreichend.
Dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufs genügt ist jetzt in § 355 I 5 BGB geregelt.
Wir sehen: An der Fall-Lösung ändert sich im Ergebnis nichts, und die „Übersetzung“ ist auch einfach durchzuführen. Dennoch ist es momentan wichtig, das neue Recht kennen zu lernen, um damit künftig Klausuren lösen zu können.
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