Forst/Hellebrand schreiben in „Die mündliche Prüfung im 1. Examen“, 2016, auf S. 142:
Ein besonders beliebter Fehler sind die „essentialia negotii des Vertrages“. Essentialia negotii bedeutet „wesentliche Vertragsbedingungen“. Die Aussage lautet also übersetzt „wesentliche Vertragsbedingungen des Vertrages.“ Eine unnötige Doppelung!
Also sollen wir lernen:
Schreibe nicht „essentialia negotii des Vertrages“.
Ist das ohne Einschränkungen richtig?
Das Bundesarbeitsgericht schreibt im Urteil vom 03.06.2004, 2 AZR 427/03, Rn. 59:
Ist die Beendigungsvereinbarung ein selbständiges Rechtsgeschäft, bei dem die Hauptleistung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. der Verzicht auf zukünftige Ansprüche ist, kann die Beendigung als solche keiner vertraglichen Inhaltskontrolle und einer entsprechenden Angemessenheitsprüfung unterzogen werden, da die essentialia negotii des Vertrages betroffen sind […].
Aber auch andere Gerichte formulieren so:
Der Kaufpreis zählt damit zu den sog. essentialia negotii des Vertrages […]
(SG Koblenz, Urt. v. 22.06.2010, S 16 KR 337/09, Rn. 29)
Ob diese Bestimmungen überhaupt zu den essentialia negotii des Vertrages gehören, kann deshalb dahingestellt bleiben.
(OLG Hamm, Beschl. v. 28.10.2009, 12 W 21/09, Rn. 4)
(Hervorhebungen jeweils nicht im Original)
Also könnten wir lernen: Es gibt einen gerichtlichen Sprachgebrauch, dem folgend man „essentialia negotii des Vertrages“ sagen dürfte.
Das ist auf den ersten Blick ein erstaunlicher Widerspruch zu der These von Forst/Hellebrand. Lässt sich entscheiden, wer recht hat?
Richtig ist die Beobachtung von Forst/Hellenbrand, dass die Formulierung „essentialia negotii des Vertrages“ – isoliert betrachtet – eine unnötige Doppelung enthält. Das ist aber dann anders, wenn man von den „essentialia negotii“ eines bestimmten Vertragstypus spricht. So gibt es z.B. „essentialia negotii des Kaufvertrages“ (Parteien, Gegenstand und Preis). Betrachtet man die Rechtsprechungszitate daraufhin noch einmal genauer, so erkennt man: Mit „essentialia negotii des Vertrages“ ist dort jeweils gemeint, dass von den „essentialia negotii“ eines bestimmten Vertragstypus die Rede ist. Und dagegen ist nichts zu sagen, wenn sich das aus dem Kontext klar ergibt. Wer aber sicher gehen will, sollte stets schreiben „essentialia negotii des x-Vertrages“.
Schreibe einen Kommentar