Heute geht es um die Unterscheidung von „analog“ und „entsprechend“. Zur Einstimmung zunächst ein paar Beispiele:
Auch was die Verteidigung von Individualrechtsgütern gegen Angriffe von Tieren anbelangt, ist unbestritten, dass hierfür ein Notwehrrecht iSd § 32 nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn das Tier von einem Menschen als Angriffsmittel instrumentalisiert wurde; für die Abwehr von Tiergefahren gilt lediglich § 228 BGB, der gem. § 90 a S. 3 BGB (analog) anzuwenden ist.
(Julius-Vincent Ritz, JuS 2018, 333)
Grundsätzlich findet auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren über die Verweisungsnorm des § 46 Abs. 2 die Bestimmung des § 274 ZPO entsprechende Anwendung.
(GMP/Germelmann/Künzl ArbGG § 47 Rn. 2)
Die Erwägung greift auch in Fällen der analogen Anwendung des § 670. In entsprechender Anwendung des § 257 richtet sich der Anspruch auf eine Freistellung von der Verbindlichkeit und erfasst damit Fälle, in denen noch keine Zahlung geleistet worden ist und daher genau genommen noch kein Vermögensopfer vorliegt.
(Fischels/Kies, JuS 2018, 155, 158)
Neben der Anwendung für das Eigentum entsprechend dem Wortlaut finden der Beseitigungs und der Unterlassungsanspruch nach § 1004 auch auf andere absolute Rechte Anwendung, teils entsprechend kraft gesetzlicher Verweisung, teils analog infolge vorhandener planwidriger Regelungslücken.
(Ritter, Sachenrecht I, 2013, Rn. 99)
Kann man also „analog“ und „entsprechend“ unterschiedslos verwenden oder sollte man einen Unterschied zwischen einer entsprechenden und einer analogen Anwendung annehmen?
Zunächst zum Begriff der Analogie:
Analogie ist die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen im Gesetz überhaupt nicht oder nur scheinbar erfaßten Fall.
(Otto, Grundkurs Strafrecht, AT, 1982, S. 28)
Mit diesem Begriffsverständnis kann dann auch die Abgrenzung zur „entsprechenden Anwendung“ erfolgen. Wenn nämlich das Gesetz eine Norm ausdrücklich für anwendbar erklärt, bedarf es keiner Analogie durch den Gesetzesanwender. Das ist beispielweise bei § 90a BGB so:
Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.
Auf Tiere sind somit die für Sachen geltenden Vorschriften „entsprechend“ (nicht: analog!) anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.
Fazit:
Der terminologische Vorschlag ist also der, von „entsprechend“ nur dann zu sprechen, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich diesen Bezug zu einer Norm herstellt. Bei einer Analogie wird u.a. eine Lücke vorausgesetzt, was mit diesem Verständnis von „entsprechend“ nicht vereinbar ist.
Da stimme ich zu. Man kann die beiden Methoden trennen. Für Getrenntes sollte man getrennte Bezeichnungen verwenden, um Missverständnisse/Unklarheiten zu vermeiden.
Allerdings verwendet der BGH oft „entsprechend“ iSv „analog“, wenn ich mich nicht irre. Allgemein zieht der BGH eher als die Literatur deutsche Erbworte Alternativen, die aus dem Latein kommen, vor.
Danke für diese Beobachtung, die für die Lektüre und das Verständnis von BGH-Entscheidungen einen wichtigen Hinweis gibt.
Was ist mit Fällen, in denen die Wertung einer ungeschriebenen Figur (etwa der Anscheinsvollmacht) übertragen werden soll? Hier verwendet der BGH auch den Begriff „entsprechend“ (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 – VIII ZR 289/09; Rn. 15).
Streng genommen dürfte es sich rechtsmethodisch aber wohl weder um eine analoge noch um eine entsprechende Anwendung handeln.
Vielen Dank für die ergänzende weiterführende Überlegung.