Die Fehde zwischen der Hamburger Morgenpost und Til Schweiger um das in Til Schweigers Hamburger Restaurant gereichte Leitungswasser lädt dazu ein, einen Ausflug in das (hin und wieder examensrelevante) Presserecht zu unternehmen. Was hatte sich abgespielt?
Die Hamburger Morgenpost hatte auf der Titelseite geschrieben, dass Til Schweiger in seinem Hamburger Restaurant „Hamburgs teuerstes Leitungs-Wasser verkaufe“ und zwar zum Preise von 4,20 Euro pro Liter. (Prost!)
Daraufhin hatte Til Schweiger erreicht, dass die Hamburger Morgenpost eine Gegendarstellung auf der Titelseite der Zeitung platzieren musste. Das sah dann am Mittwoch, dem 19. April, so aus:
Unter die Gegendarstellung fügte die Hamburger Morgenpost den aus der Abbildung ersichtlichen Kommentar-Text hinzu. Da sich der Fall in Hamburg abspielt, könnte man mit Klein-Erna fragen: „Darf dat dat?“
Die Antwort ergibt sich aus dem Hamburger-Pressegesetz. Dort ist die Grundregel für das Recht zur Gegendarstellung in § 11 Abs. 1 normiert:
Der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks sind verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Die Verpflichtung erstreckt sich auf alle Nebenausgaben des Druckwerks, in denen die Tatsachenbehauptung erschienen ist.
Auf dieser Grundlage erschien dann die Gegendarstellung (siehe Bild oben). Doch damit nicht genug: Die „MOPO“ (= Hamburger Morgenpost) fügte der Gegendarstellung einen Kommentar an. In der Sprache der Journalisten nennt man das – im Gegendarstellungskontext – einen „Redaktionsschwanz“. Bezogen darauf stellt sich die Klein-Erna-Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit.
Eine Antwort hat § 11 Abs. 3 S. 4 Hamburger Pressegesetz zu berücksichtigen:
Wer sich zu der Gegendarstellung in derselben Nummer äußert, muß sich auf tatsächliche Angaben beschränken.
Daraus folgt: Man darf sich zu der Gegendarstellung in derselben Nummer äußern, ein „Redaktionsschwanz“ ist also prinzipiell zulässig. Es ist aber zu fragen, ob der MOPO-Kommentar sich – wie erforderlich – auf tatsächliche Angaben beschränkt. Schon bei „Sie haben recht“ kann man zweifeln, ob man es mit einer reinen Tatsachen-Behauptung zu tun hat, handelt es sich doch um eine rechtliche Bewertung. Anders sieht es mit dem Hinweis auf die Änderung der Speisekarte aus. Das stellt eine Tatsachenbehauptung dar, und noch dazu eine zutreffende:
Auf jeden Fall ist aber der letzte Satz „Das ist doch schon mal ein Fortschritt“ eine Bewertung, und damit keine Tatsachenbehauptung. Im Ergebnis ist also auf die Klein-Erna-Frage zu antworten: So darf das MOPO nicht.
P.S. Wer im Saarland die erste juristische Prüfung ablegt, muss gegebenenfalls mit der Frage rechnen, ob der „Redaktionsschwanz“ im Saarland einmal unzulässig war. Das war der Fall: Zwischen 1994 und 1999 war der „Redaktionsschwanz“ im Saarland gesetzlich untersagt. Aber das wäre eine andere Geschichte … .
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