Das Oktoberfest ist in vollem Gange. Begonnen hat es am 16.9. Rechtzeitig vorher wurde vom Bundesfinanzhof eine für die weitere Abwicklung dieses Festes zentrale Frage entschieden:
Unterliegt die Abgabe von Brezeln („Wiesnbrezn“) in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer dem ermäßigten Umsatz-Steuersatz?
Der streitgegenständliche Sachverhalt ist der folgende:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) pachtete in den Streitjahren 2012 und 2013 Verkaufsstände in Festzelten während des Oktoberfestes zum Verkauf von Brezeln (bayerisch: „Brezen“) an Besucher der Festzelte. Dabei handelte es sich ausschließlich um sog. „Wiesnbrezn“. Sie setzte dabei sog. „Brezenläufer“ ein. Die Klägerin ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus.
In der Form ist es als erfreulich zu notieren, dass für nicht-bayerische Leser der Entscheidung Folgendes klargestellt wird: Das bayerische „Brezen“ ist bedeutungsgleich mit „Brezeln“.
In der Sache geht es um die Frage, ob die Abgabe der „Brezen“ in der Kategorie „Abgabe von Nahrungsmitteln und Speisen“ als eine Lieferung (dann ermäßigter Umsatz-Steuersatz) oder als sonstige Leistung einzustufen ist (dann nicht ermäßigter Umsatz-Steuersatz).
Den gesetzlichen Hintergrund für diese Unterscheidung erläutert der Bundesfinanzhof wie folgt:
Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.
(Rn. 11)
Bei der Prüfung dieser Abgrenzung kommt nun die spezielle „Brezn“- und allgemeine Oktoberfest-Erfahrung im Bundesfinanzhof (ja auch in München ansässig) zum Tragen, wie die folgenden Feststellungen zeigen:
Darüber hinaus handelte es sich bei Brezeln um eine Standardspeise einfachster Art, die keinerlei über den bloßen Herstellungsvorgang hinausgehendes Zubereitungselement wie etwa ein Warmhalten für den Verzehr aufwies. Für ihren Verzehr bedurfte es zudem keiner Art von Hilfsvorrichtung. Dies gilt auch für „Wiesnbrezn“. Es kommen keinerlei Behältnisse zum Einsatz, deren Verwendung wie z.B. beim Verzehr von Bratwürsten, Popcorn oder Nachos durch Ablagemöglichkeiten erleichtert wird.
(Rn. 23)
Und:
Ebenso ändert sich die steuerrechtliche Beurteilung nicht durch den vom FA angeführten „Eventcharakter“ im Bierzelt durch den Einsatz von Blasmusikkapellen etc. Die Beschallung durch einen anderen Unternehmer beim Brezelverzehr führt nicht zu einer Umqualifizierung in eine sonstige Leistung.
(Rn. 24)
Damit ist im Ergebnis klar: Der ermäßigte Steuersatz von 7% findet Anwendung.
P.S. Nun wird man sich fragen, warum diese Geschichte hier erzählt wird. Dafür gibt es eine offizielle und eine nicht-offizielle Antwort. Die offizielle Antwort lautet: Man kann bei der (empfehlenswerten) Lektüre der „Brezn“-Entscheidung des BFH methodisch Einiges lernen. Dieses Lernergebnis ist für alle, die nicht den Schwerpunktbereich „Steuerrecht“ gewählt haben, besonders intensiv. Die nicht-offizielle Antwort lautet: Die Entscheidung ist halt gar zu schön. Es wäre schade gewesen, sie hier nicht vorzustellen.
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