Für mich neigt sich die Zeit an der Uni langsam dem Ende zu. Ich werde demnächst mit dem Referendariat beginnen. Zur Vorbereitung darauf habe ich mir das Skript „Vollstreckungsrecht in der Assessorklausur“ von Dr. Jan Stefan Lüdde aus der Reihe „Skripten 2. Examen“ bei Alpmann-Schmidt in der 14. Auflage 2018 mal näher angeschaut und möchte heute davon berichten.
Es handelt sich um ein lesenswertes Skript. Auch wenn natürlich in erster Linie der Inhalt zählt, hat mich das Skript schon aufgrund seiner Haptik überzeugt. Die Seiten lassen sich schön blättern und das Skript klappt nicht – wie viele Bücher – ständig von selbst zusammen.
Aber nun zum Inhalt: Lüdde arbeitet zur Veranschaulichung mit Beispielen. Diese helfen sehr, die auf den ersten Blick eher abstrakten Fallkonstellationen nachvollziehen zu können. Hervorzuheben ist weiterhin, dass in dem Skript immer wieder konkrete Formulierungsvorschläge unterbreitet werden. Das Wissen, das hier vermittelt wird, wird dadurch greifbarer. Sehr hilfreich sind überdies die Prüfungsschemata und Übersichten. So kann man sich – im Wege der Wiederholung – leicht einen Überblick über die verschiedenen Themenfelder verschaffen. Das Skript ist insgesamt leicht verständlich geschrieben – selbst für Anfänger wie mich im Zwangsvollstreckungsrecht. Das führt auch dazu, dass die Lektüre geradezu als kurzweilig empfunden wird.
Nur manchmal wäre ein Halbsatz zur Erläuterung von Thesen wünschenswert. Zum Beispiel bei Rn. 31:
Ferner stellt der Anspruch auf Gewährung einer Bürgschaft (etwa aus vertraglicher Abrede) und auf Befreiung von einer Geldschuld (etwa nach § 249 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB) keine Geldforderungen dar.
Warum stellt die Befreiung von einer Geldschuld keine Geldschuld dar? Man kann sich das natürlich selbst überlegen. Dann muss man die eigene Antwort aber überprüfen, was mit einem gewissen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden ist. Optimal wäre es deshalb, wenn Thesen wie die hier genannte kurz begründet würden. Warum die Befreiung von einer Geldschuld keine Geldforderung ist, könnte man so erläutern:
Eine Vollstreckung nach §§ 803 ff. kommt nicht in Betracht, wenn der Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn diese Verbindlichkeit in einer Geldzahlung besteht. Auch dann ist der Titel nämlich nicht auf unmittelbare Realisierung der Vermögenshaftung, sondern auf individuelle Leistung gerichtet, die nicht zwangsläufig durch Geldzahlung an den Drittgläubiger erfolgen muss. In diesem Fall erfolgt die Vollstreckung nach § 887.
(MüKoZPO/Gruber, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 887 ZPO, Rn. 4)
[Exkurs: Ob die Befreiung von einer Geldschuld eine Geldschuld ist oder nicht, ist übrigens umstritten, vgl. Wieczorek/Schütze/Lüke, ZPO, 4. Aufl. 2015, § 803 ZPO, Rn. 10.]
Summa summarum: Mit Lüdde´s Skript kann man das Zwangsvollstreckungsrecht gut wiederholen.
P.S. Für die 15. Auflage könnten noch folgende Kleinigkeiten verbessert werden. Mit diesen Hinweisen will ich auch zeigen, dass ich mich mit dem Skript tatsächlich intensiv beschäftigt habe 😉
– Rn. 75:
Anders verhält es sich gemäß § 843 S. 1 ZPO bei der Pfändung von Forderungen und anderen Rechten mittels eines Pfändungsbeschlusses nach § 829 ZPO (i.V.m. § 857 Abs. 1 ZPO). Der Vollstreckungsschuldner kann auf diese Pfändung verzichten und so die Verstrickung durch einseitige Erklärung zu Fall bringen.
–> Statt „Der Vollstreckungsschuldner“: „Der Vollstreckungsgläubiger“
– Rn. 91:
Nur ein Verstoß gegen § 814 Abs. 3 ZPO hindert also den Eigentumserwerb des Ersteigerers. Verstöße gegen § 814 Abs. 1, 2 u. 4 ZPO verhelfen lediglich einer (allerdings nur bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung) statthaften Erinnerung zum Erfolg und können Ansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 GG wegen einer Amtspflichtverletzung des Gerichtsvollziehers begründen.
–> Statt „§ 814 Abs. 3 ZPO“: § 816 Abs. 3 ZPO“. Statt „814 Abs. 1,2 u. 4“: § 816 Abs. 1, 2 u. 4 ZPO.
– Rn. 155:
§ 288 Abs. 2 BGB ist nicht einschlägig, der Anspruch aus § 11 Abs. 1 S. 1 BGB stellt keine hierfür erforderliche Entgeltforderung dar.
–> Statt „§ 11 Abs. 1 S. 1 BGB“: § 11 Abs. 1 S. 1 AnfG
– Rn. 243, Fn. 609:
Thomas/Putzo/Seiler § 765a Rn. 16; BGH, Beschl. v. 21.01.2106 – I ZB 12/15, RÜ2 2016, 199.
–> Statt „21.01.2106“: 21.01.2016
– Rn. 304:
Selbst, wenn der Vollstreckungsgläubiger die Sache selbst ersteigert (§ 817 Abs. 4 S. 1 ZPO) und daher im Besitz der Sache ist, wird er durch die wirksame Ablieferung unangreifbarer Eigentümer der Sache. Er hat vielmehr als erlangtes Etwas nur die von § 817 Abs. 4 S. 1 ZPO angeordnete Befreiung von seiner Zahlungspflicht herauszugeben. Da das in Natur nicht möglich ist, muss er gemäß § 818 Abs. 2 ZPO Wertersatz leisten, also zahlen – dieser letzte Punkt geht aus dem Thomas/Putzo nicht eindeutig hervor.
–> Statt „§ 818 Abs. 2 ZPO“: § 818 Abs. 2 BGB
– Rn. 358:
Ein Anspruch aus GoA – insbesondere sogar aus angemaßter Eigengeschäftsführung (§§ 787 Abs. 2, 678, 681 S. 2, 667 BGB) – besteht regelmäßig nicht, weil der Erwerb fremden Eigentums kein fremdes Geschäft für den Ersteher ist. Zudem fehlt ihm oft auch der Fremdgeschäftsführungswille.
–> Statt „§ 787 Abs. 2“: § 687 Abs. 2 BGB
– Rn. 360:
Die Pfändung und Verwertung einer Sache ist ein fremdes Geschäft, sodass insofern ein Anspruch aus §§ 787 Abs. 2, 678, 681 S. 2, 667 BGB in Betracht kommt. Die GoA scheidet aber aus, wenn der Vollstreckungsgläubiger mangels Kenntnis der Fremdheit keinen Fremdgeschäftsführungswillen hatte.
–> Statt „§ 787 Abs. 2“: § 687 Abs. 2 BGB
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