Die Fragestellung von heute zum Jubiläum „400. Beitrag“ verbirgt sich hinter der Windschutzscheibe im folgenden Foto:
Was fällt hier auf?
Natürlich: Die Parkscheibe ist in der modischen Farbe „rosa“ bzw. „pink“ gehalten. Das wirft die Frage auf, ob die Straßenverkehrsordnung etwas zur Farbe der Parkscheibe sagt?
Einschlägig ist § 13 Abs. 2 S. 1 StVO:
Wird im Bereich eines eingeschränkten Haltverbots für eine Zone (Zeichen 290.1 und 290.2) oder einer Parkraumbewirtschaftungszone (Zeichen 314.1 und 314.2) oder bei den Zeichen 314 oder 315 durch ein Zusatzzeichen die Benutzung einer Parkscheibe (Bild 318) vorgeschrieben, ist das Halten und Parken nur erlaubt
1. für die Zeit, die auf dem Zusatzzeichen angegeben ist, und,
2. soweit das Fahrzeug eine von außen gut lesbare Parkscheibe hat und der Zeiger der Scheibe auf den Strich der halben Stunde eingestellt ist, die dem Zeitpunkt des Anhaltens folgt.
Der Text sagt unmittelbar nichts zur farblichen Gestaltung einer Parkscheibe. Dazu erfahren wir aber etwas in dem zitierten Bild 318. Dieses Bild findet sich in Anlage 3 (zu § 42 Absatz 2) Richtzeichen (BGBl. I 2013 S. 414):
Hier ist die Parkscheibe abgebildet und zwar im Bundesgesetzblatt im schönsten Farbdruck. Und wie wir sehen können: Die Parkscheibe ist nicht in rosa, sondern in blau abgebildet.
Fazit: Obwohl rosa meine Lieblingsfarbe ist, werde ich mir keine Parkscheibe in rosa zulegen, sondern weiterhin meine blaue Parkscheibe verwenden.
P.S. Es handelt sich heute nicht um das erste Jubiläum. Daher hier ein Hinweis auf die Historie in der Reihenfolge 123:
Als 100. Beitrag diesmal leichte Kost: Das Herzchen als i-Punkt
Als 200. Beitrag wieder leichte Kost: Eine kleine Orthographie-Übung
Als 300. Beitrag wieder leichte Kost: Die “Dunstkreistheorie”
Ein Jubiläumsbeitrag – vor allem natürlich bei einem Blog, das sich an die in der juristischen Ausbildung befindliche Jugend wendet – sollte nicht methodisch derart lieblos verfasst sein wie dieser hier, sondern im Gegenteil auch in dieser Hinsicht ein Vorbild darstellen.
Die apodiktische Sachbehandlung durch die Verf. wird dem leider nicht im Mindesten gerecht. Sie ist überhaupt nur mit der methodischen Grundannahme erklärbar, es handele sich beim Parken mit Parkscheibe regelungstechnisch um eine Ausnahme (von einem an dieser Stelle grundsätzlich geltenden Parkverbot), und Ausnahmebestimmungen seien eben eng auszulegen.
Das wäre jedoch methodisch, wie man leider sagen muss, ziemlich hinterwäldlerisch, gewissermaßen tiefster Bayerischer Wald. Ausnahmebestimmungen sind nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen, und ggf. eben auch erweiternd, wenn insbesondere der Regelungstelos das hergibt (Nachweise für die Aussage wird die Verf. bestimmt irgendwo finden). Man darf sich folglich gerade nicht mit einem Blick auf das gesetzgeberische „Erklärungszeichen“ begnügen, sei es ein Wort oder eben ein Bild. Wobei: So völlig klar ist schon das hier gar nicht, immerhin verzichtet die StVO, anders als bei der Größenangabe, auf eindeutige Vorgaben in der Art einer RAL-Nummer – womöglich ist das schon ein Argument für einen Umkehrschluss.
Man muss deshalb z.B. die Regelungssystematik berücksichtigen und etwa zugunsten der pinken Parkscheibe würdigen, dass für die 2013 eingeführten elektronischen Parkscheiben schon gar keine farbliche Vorgabe existiert (vgl. § 13 III StVO i.V.m. Verkehrsblattverlautbarung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 26.10.2013 (VkBl. 2013, S. 1046)); sie werden deshalb auch in anderer als blauer Farbe genehmigt.
Auch die Normhistorie ergibt keinen Hinweis darauf, dass es dem Normgeber besonders auf eine bestimmte Farbe der Parkscheibe angekommen wäre.
Vor allem darf natürlich der teleologische Aspekt nicht außer Betracht bleiben (so im Ansatz auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.8.2011, Az. (2Z) 53 Ss-Owi 495/10 (238/10)). Das bedeutet zwar, dass die Parkscheibe für die staatlichen Kontrollorgane gut sichtbar sein muss (OLG Brandenburg aaO.). Bei einer pinken Parkscheibe ist dies aber mindestens genauso gut gewährleistet wie bei einer blauen.
Unter dem Aspekt einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Auslegung kann schließlich überhaupt nur die Zulassung der pinken Parkscheibe in Frage kommen: Auch wenn die Vorgabe der Parkscheibenfarbe rechtlich alle Verkehrsteilnehmer (m/w/d) in gleicher Weise betrifft, ist die Vorliebe für die Farbe „Pink“ rechtstatsächlich geschlechts- und genderspezifisch sehr ungleich verteilt. Es handelt sich bei dem Verbot anderer als blauer Parkscheinen deshalb jedenfalls im Hinblick auf die Farbe „Pink“ um einen klaren Fall von verfassungs- und unionsrechtswidriger geschlechtsbezogener Diskriminierung. (Dass die Diskriminierung von Verkehrsteilnehmern mit einer Vorliebe für die Farbe „Pink“ nach Ansicht der Verf. sogar „leichte Kost“ sein soll und ihr Anlass gibt, „Barbie“ im Titel zu erwähnen, muss deshalb schon ein Stirnrunzeln hervorrufen.)
Nach alledem lassen sich für die Unzulässigkeit der pinken Parkscheibe lediglich die hergebrachten Grundsätze des deutschen Berufsbeamtentums heranziehen („Das haben wir schon immer so gemacht!“ / „Das haben wir noch nie so gemacht!“ / „Da könnt ja jeder kommen!“ / „Wo kämen wir da hin?“). Für einen jungen Rechtswissenschaftler (m/w/d) sollte das aber keine Leitlinie sein – hier ist Mannesmut (m/w/d) vor Fürstenthronen gefragt, und natürlich auch vor Stadtverwaltungen. In diesem Sinne kann man nur sagen: „Rettet die pinke Parkscheibe!“
Danke für die Ermahnung, ich werde sie mir zu Herzen nehmen. Und nun schaue ich, ob die Ordnungswidrigkeitenpraxis sich methodisch aufgeklärt zeigt, wenn ich demnächst mit einer Rosa-Parkscheibe ertappt werde :-).
Ich fände es mal interessant, etwas über den Tellerrand zu schaun und die Frage zu beleuchten, wie die Sache mit der Farbe der Parkscheiben in den anderen Mitgliedsstaaten des EWR gehandhabt wird und ob es dort eine Farbvorgabe gibt.
Denkbar wäre, dass eine aus einem anderen EWR-Mitgliedsstaat nach Deutschland eingeführte Parkscheibe unter das Herkunftslandprinzip fällt. Dann müssten die ausländischen Parkscheiben in Deutschland als gleichwertig anerkannt werden, und zwar auch in Abkehr von den Bestimmungen der StVO.