Mit einer zunehmenden Anzahl von Wikipedia-Zitaten in Gerichtsentscheidungen ist Wikipedia definitiv in der juristischen Welt angekommen. Um Wikipedia richtig einschätzen zu können, muss man allerdings eine Vorstellung von der komplexen Binnenarchitektur haben, die dort realisiert ist. Dies betrifft vor allem die Autorenfrage. Dazu konnte man kürzlich in der FAZ lesen:
Heute vor zwanzig Jahren ging die englischsprachige Wikipedia online, die deutsche zog am 16. März nach. Der Einfall, welcher dem Unternehmen zugrunde lag, klingt nach einer soliden Utopie: An einem nie vollendeten, kostenlosen und werbefreien Internetlexikon darf jeder mitschreiben, der sich berufen fühlt. Ruhm und Ehre winken den Autoren jedoch nicht, denn ihre Namen bleiben unbekannt. Auch auf ein Honorar müssen sie verzichten.
Kai Spanke, Sekundenzeiger des Weltwissens, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.01.2021, Nr. 12, S. 9
Stimmt es, dass die Namen der Autoren unbekannt bleiben?
Das trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Ich welcher Form der eigene Name beim Anlegen von Artikeln und beim Einarbeiten von Änderungen erscheint, hängt davon ab, mit welchem Namen man sich registriert hat. Wenn man seinen eigenen Namen (und nicht etwa ein Pseudonym) benutzt hat, so wird dieser Name angezeigt.
Ein juristisches Beispiel dazu. Der Artikel „Gegenvorstellung“ wurde am 29. Januar 2006 von Wolfgang Kopp erstellt. Man erfährt das in der Versionsgeschichte bei dem dort eingetragenen Startpunkt. Wenn man dann auf den Autorennamen klickt, wird man zur Benutzerseite weitergeleitet. Dort kann man das nachlesen, was der Autor über sich selbst mitteilen möchte.
Im Übrigen werden die Autorennamen auch für jede nachfolgende Änderung am Artikel registriert. Man kommt zu dieser Liste, wenn man am Ende des Artikels neben dem Punkt „Abrufstatistik“ den Punkt „Autoren“ aufruft.
Es ist in diesem Zusammenhang noch wichtig zu wissen, dass bei jeder Änderung des Artikels eine neue Version (mit Datum und Uhrzeit) angelegt wird. Die von einem Autor erstellte Original- (und Erst-) Version bleibt damit auf jeden Fall erhalten (und zitierfähig). Sie ist also in vergleichbarer Weise wie im Print „konserviert“.
Da jeder Autor für sich eine Benutzerseite anlegen kann, gibt es die Möglichkeit, sich auf diese Weise persönlich vorzustellen. Ein sprechendes Beispiel soll das veranschaulichen:
Liebe WP-Gemeinde,
ich stamme von einem Bauernhof in der Nähe von Lübeck und bin heute Rechtsanwalt in Berlin. In meiner Freizeit komponiere ich und spiele Schlagzeug in einer Rockband (daher auch mein früherer Benutzername JoeStonebroke). Außerdem zeichne ich und schreibe Artikel über alles mögliche (innerhalb und außerhalb der Wikipedia).
Diese Benutzerseite ist, nebenbei bemerkt, sehr zu empfehlen, weil dort unter der Überschrift „Vorschlag für eine Ergänzung der Projektseite Wie schreibe ich gute Artikel“ lesenswerte stilistische Ratschläge gegeben werden.
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