In der Klausur A 944 des Klausurenkurses von Alpmann Schmidt heißt es auf Seite 3:
Dieser Anspruch könnte jedoch durch Anfechtung des K gemäß § 142 Abs. 1 BGB erloschen sein. Dazu bedarf es zunächst eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts, also eines Anfechtungsgrundes hinsichtlich des Kaufvertrags.
Mit einer solchen Formulierung sollte man in Klausuren vorsichtig sein. Warum?
Das erläutert Klunzinger in dem Buch „Einführung in das Bürgerliche Recht“ (16. Auflage 2013) auf S. 177 sehr verständlich:
a) Anfechtbares Rechtsgeschäft
Anfechtbar sind nur Willenserklärungen (das Gesetz spricht in § 142 BGB irrtümlich vom anfechtbaren „Rechtsgeschäft“, meint aber die anfechtbare Willenserklärung).
Das wird in der Literatur zwar auch anders gesehen, aber für Klausuren ist dieser Weg nicht zu empfehlen. Leenen schreibt zu diesem Thema als Vertreter einer Mindermeinung in BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre unter § 14 Rn. 2:
Das Rechtsgeschäft, auf das sich die Rechtsfolgeanordnung des § 142 Abs. 1 BGB bezieht, ist der Gegenstand der Anfechtung. § 142 Abs. 1 BGB bezeichnet zutreffend (und abweichend von den §§ 119ff BGB) das Rechtsgeschäft (nicht: die Willenserklärung) als anfechtbar. Anfechtbar ist das Rechtsgeschäft, das durch eine Willenserklärung zustande gekommen ist, die auf einem Willensmangel im Sinne der §§ 119ff BGB beruht.
Unter Rn 3 steht aber auch:
Abweichend hiervon geht die ganz h.M. davon aus, dass Gegenstand der Anfechtung die fehlerhafte Willenserklärung sei.
Und woher kommt das terminologische Problem? Zunächst ein Blick in § 119 I BGB:
§ 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
Und dann schauen wir uns § 142 I BGB an:
§ 142 Wirkung der Anfechtung
(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.
Es gibt nun zwei Klausurperspektiven, die zu unterscheiden sind.
– Der vermeintliche Fehler wurde in einer bereits geschriebenen Klausur moniert: Dann kann man sich auf Leenen stützen und vertreten, dass die Formulierung nicht so falsch ist, wie sie dem Korrektor schien.
– Eine Klausur steht an und man denkt über eine gute Formulierung nach: Dann sollte man sich besser der absolut herrschenden Meinung anschließen und von der Anfechtung einer Willenserklärung sprechen.
Wir halten also fest:
Gegenstand der Anfechtung ist eine Willenserklärung.
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