Gerade lese ich in einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn zur Auslegung von Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO folgendes:
Nach Auffassung der Kammer beinhaltet der Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der Daten lediglich die Übermittlung einer Liste der gespeicherten Daten. Der Begriff Kopie ist insoweit als ein Exemplar einer Liste von Daten zu verstehen.
Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Satz 1 und Satz 2 von Art. 15 Abs. 3 DSGVO und dem sich daraus ergebenden Sinn und Zweck der Norm. Die Vorschrift will bestimmen, dass eine „Kopie“ kostenlos ist und für weitere Kopien ein Entgelt verlangt werden kann. Dies wird deutlich durch einen Blick auf die im Originaltext der Verordnung verwendeten englischen bzw. französischen Begriffe „COPY“ und „COPIE“, die jedenfalls auch mit „Exemplar“ übersetzt werden können. Es sind aus dem Sinn und Zweck der Norm keine Umstände ersichtlich, dass über die Information über das gespeicherte Datum hinaus noch eine Herausgabepflicht von Unterlagen bestehen soll, wie der Kläger es mit seinem Antrag verlangt. Sollte also die Beklagte die Aussage eines Betriebsratsmitgliedes über eine vom Kläger veranlasste Hotelbuchung gespeichert haben, so wäre sie verpflichtet, auf ein entsprechend konkretisiertes Auskunftsersuchen des Klägers diese gespeicherten Daten gegenüber dem Kläger offenzulegen. Eine Herausgabe des Protokolls über diese Aussage beinhaltet die Verpflichtung zur Verfügungstellung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO jedoch nicht.
Urteil vom 16.07.2020 (3 Ca 2026/19), Rn. 119 f.
Hat das so seine Ordnung?
Die Frage zielt nicht auf die inhaltliche Bestimmung des Begriffs „Kopie“ in Art. 15 Abs. 3 DSGVO ab. Darüber besteht ein erheblicher Auslegungsstreit, den man bei der Lektüre des Auszugs aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil gleich mit zur Kenntnis nehmen kann. Deswegen ist das Zitat auch etwas ausführlicher ausgefallen. „Hinterfragt“ werden soll vielmehr der Passus „die im Originaltext der Verordnung verwendeten englischen bzw. französischen Begriffe“. Dieser Passus ist schon deswegen merkwürdig, weil vom „Originaltext der Verordnung“ im Singular die Rede ist und dann aus zwei Sprachfassungen zitiert wird. Aber gibt es – wenn man die Sprachfassungen einer Verordnung hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit und Maßgeblichkeit für die Auslegung betrachtet – überhaupt einen „Originaltext der Verordnung“? Das ist nicht der Fall. Der Text einer Verordnung hat in jeder in einer Amtssprache abgefassten (und entsprechend im Amtsblatt veröffentlichten) Version gleiche Geltung. Man spricht vom „Prinzip gleichrangiger Vielsprachigkeit“ (vgl. Mayer, Franz C., Europäisches Sprachenverfassungsrecht, Walter Hallstein-Institut für Europäisches Verfassungsrecht, Papier 1/06 (2006), S. 5).
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