Heute geht es weiter in der Reihe „Jura im Alltag“. Als ich kürzlich in Luxemburg auf der Schueberfouer war, ist mir ein Stand ins Auge gefallen, der mit „Frites und Üringer“ betitelt war. Da stellt man sich natürlich die Frage, was mit „Üringer“ gemeint ist.
Ein Blick auf den Grill legte die Hypothese nahe, dass mit „Üringer“ Grillbratwürste gemeint sind. Aber warum „Üringer“? Wer mit Thüringer Grillbratwürsten vertraut ist, ahnt spätestens an dieser Stelle, dass mit „Üringer“ die „Thüringer Rostbratwurst“ gemeint sein dürfte. Aber warum heißt sie hier „Üringer“? Für die Antwort bedarf es schon etwas mehr juristischer Phantasie, die ins Feld der geschützten geografischen Angaben führt. Und in der Tat: Wenn man diese Spur aufgenommen hat, fügen sich die einzelnen Puzzleteile schön zusammen.
Ausgangspunkt ist im Falle der Thüringer Rostbratwurst zunächst die Verordnung (EG) Nr. 2400/96 der Kommission vom 17. Dezember 1996 zur Eintragung bestimmter Bezeichnungen in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geographischen Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. Der Herkunftsverband Thüringer und Eichsfelder Wurst und Fleisch e. V. hat für die Thüringer Rostbratwurst einen entsprechenden Schutzantrag gestellt. Hinsichtlich des nötigen Ursprungsnachweises wurde u.a. folgendes ausgeführt:
Die Thüringer Rostbratwurst hat eine jahrhundertealte Tradition. Die erste urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahre 1404. Im Rudolstädter Staatsarchiv ist eine Abrechnung des Arnstädter Jungfrauen-Klosters aufbewahrt, die unter anderem auch einen Posten „darme czu bratwurstin“ (Bratwurstdärme) enthält. Das älteste bekannte Rezept ist im Staatsarchiv zu Weimar zu finden. Es stammt aus der „Ordnung für das Fleischerhandwerk zu Weimar, Jena und Buttstädt“ vom 2. Juli 1613. Ein weiteres Rezept enthält das „Thüringisch-Erfurtische Kochbuch“ aus dem Jahr 1797. Heute werden Thüringer Rostbratwürste von nahezu allen Thüringer Fleisch- und Wurstwarenherstellern in ihrem Sortiment geführt und sind überall in Thüringen an speziellen Grillständen erhältlich. […]
Dieser Antrag zugunsten der Thüringer Rostbratwurst war erfolgreich. Sie wurde mit Verordnung (EG) Nr. 2206/2003 der Kommission vom 17. Dezember 2003 zur Ergänzung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 2400/96 zur Eintragung bestimmter Bezeichnungen in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Thüringer Leberwurst, Thüringer Rotwurst, Thüringer Rostbratwurst) anerkannt. Und nun wissen wir, warum auf der Schueberfouer von „Üringer“ und nicht von „Thüringer“ die Rede ist.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich habe mich auf der Schueberfouer nicht der Klärung dieser Rechtsfrage gewidmet, sondern die Frage nur von dort mitgenommen, um sie später zu Hause in Ruhe zu klären. Denn der Genuss einer guten „Üringer“ Bratwurst braucht seine Zeit :-).
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