Das „neue“ Widerrufsrecht

Bereits am 18.02.2015 habe ich über das „neue“ Widerrufsrecht geschrieben. Es ist auf die seit dem 13.06.2014 geschlossenen Verträge anwendbar – also fast Zeit für eine Geburtstagsfeier. Die Gesetzessystematik hat sich grundlegend geändert. Förster hat die wesentlichen Änderungen in der JA 2014, 801 so zusammengefasst:

Auffällig ist insbesondere, dass das separat normierte Rückgaberecht des Verbrauchers entfallen ist (§ 356 BGB aF), die Rechtsfolgen des Widerrufs hingegen nunmehr eigenständig geregelt und nicht mehr durch Verweisung auf das allgemeine Rücktrittsrecht bestimmt werden (vgl. § 357 I BGB aF).

Ente

 

Heute habe ich mich dann mit einer Klausur von Alpmann Schmidt für das 2. Examen beschäftigt: Baumschulte ./. e-Handels GmbH u.a. (A 95 Lösung – Christoph Brede). Ich selbst befinde mich noch nicht in der Vorbereitung auf das 2. Staatsexamen und das Problem, das ich jetzt anspreche, stellt sich in Klausuren zum 1. und zum 2. Staatsexamen gleichermaßen, sodass alle daraus lernen können.

Schauen wir uns die entscheidenden Passagen an.

 

Baumschulte ./. e-Handels GmbH u.a. (A 95 Lösung – Christoph Brede), S. 4:

Damit hätte der Mandant den Widerruf dem Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises von 544,51 € und der Versandkosten von 20 € nach §§ 312g, 355, 357 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. §§ 346 ff. BGB entgegen halten können.

S. 10:

Der Mandant hätte sich gegenüber dem Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises von 544,51 € und der Versandkosten von 20 € nach §§ 312g Abs. 1, 355, 357 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. §§ 346 ff. BGB möglicherweise auf Widerruf berufen können.

S. 12:

Den Widerruf hätte der Mandant nach § 357 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 346 Abs. 1 BGB der Kaufpreisforderung der Verkäuferin entgegen halten können. […] Damit hätte der Mandant den Widerruf dem Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises von 544,51 € und der Versandkosten von 20 € nach §§ 312g, 355, 357 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. §§ 346 ff. BGB entgegenhalten können.

S. 14:

Den Widerruf hätte der Mandant nach § 357 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 346 Abs. 1 BGB der Kaufpreisforderung der Verkäuferin entgegen halten können.

Was haben alle diese Normzitate gemeinsam? Es wird eine Verbindung zwischen dem Widerrufsrecht und dem Rücktrittsrecht hergestellt. Das ist aber nicht (mehr) richtig. Ziehen wir noch einmal Förster, JA 2014, 801 heran:

Auffällig ist insbesondere, dass […] die Rechtsfolgen des Widerrufs hingegen nunmehr eigenständig geregelt und nicht mehr durch Verweisung auf das allgemeine Rücktrittsrecht bestimmt werden (vgl. § 357 I BGB aF).

Ich konnte nicht glauben, dass eine Fall-Lösung eine solche wesentliche Änderung übersehen hat. Also überlegte ich, ob der Fall möglicherweise vor den Änderungen im Widerrufsrecht stattfand. Dies ist aber nicht der Fall, weil der Sachverhalt erst ab dem 20.09.2014 spielt. Außerdem steht am Ende der Fall-Lösung:

Die Frage des Widerrufsrechts des Mandanten erforderte eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und Kommentierung zu Fernabsatzgeschäften. Die einschlägigen Vorschriften sind durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (VRRlUmsG) mit Wirkung ab 13.06.2014 (erneut) geändert worden.

Insofern ist klar, dass die Fall-Lösung auf Grundlage des Widerrufsrechts vom 13.06.2014 zu lösen war. Deshalb ist die Heranziehung von Rücktrittsrecht im Rahmen des Widerrufsrechts überholt.

P.S. Auch bei dejure.org bestehen noch Aktualitätsprobleme in dieser Sache:

357 bgb - dejure

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert