Archiv für Öffentliches Recht

„Allgemein zugänglich“

LeiterHeute soll es um die Frage gehen, was unter „allgemein zugänglich“ zu verstehen ist, ein Begriff, der in verschiedenen Rechtsgebieten eine Rolle spielt. Ausgangspunkt dafür ist ein Zitat aus dem Lehrbuch „Datenschutzrecht“ von Kühling/Seidel/Sivridis (2. Auflage 2011), S. 144 zu § 28 I 1 Nr. 3:

Eine Informationsquelle ist allgemein zugänglich, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d.h. einem individuell bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.

In der Fußnote 322 wird dann auf BVerfGE 27, 71 (83) verwiesen. Was fällt bei dem Zitat auf?

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§ 40 I 1 VwGO: Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art

Heute soll es mal wieder um einen Aspekt gehen, der in allen verwaltungsprozessualen Klausuren erwähnt werden muss. Es geht um die Frage, inwieweit zu begründet ist, dass eine Streitigkeit „nichtverfassungsrechtlicher Art“ vorliegt. In einer aktuellen Fall-Lösung aus der RÜ 2015, 391 (392) schreibt Horst Wüstenbecker dazu:

2. Die Streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlicher Art und keinem anderen Gericht zugewiesen, sodass an sich der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet ist.

(Hervorhebung im Original)

Der Autor ist also der Ansicht, dass die Tatsache, dass die Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art ist, keiner Begründung bedarf. Andere Autoren handhaben das anders.

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BVerfGE 8, 122 (134) – Volksbefragung über Atomwaffen – vs. BVerfGE 79, 127 (151f) – Rastede

Heute geht es um einen Aspekt aus der Fall-Bearbeitung „Referendarexamensklausur – Öffentliches Recht: Kommunalrecht und Verwaltungsprozessrecht – Partnerstadt Pjöngjang“ von Björn Schiffbauer in der JuS 2015, 548ff.

Auf Seite 553 schreibt Schiffbauer:

Der Ratsbeschluss muss geltendes Recht verletzen. Dies ist dann der Fall, wenn er keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft iSv Art. 28 II GG (und Art. 78 NRWVerf.) betrifft, der Stadt dafür also keine Verbandskompetenz zukommt. Verbandskompetenz besteht grds. für Angelegenheiten, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft haben.

In Fußnote 44 findet sich dazu BVerfGE 8, 122 (134) = NJW 1958, 1341 (Volksbefragung über Atomwaffen) als Beleg. Werfen wir einen Blick in die entsprechende Passage:

Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises sind nur solche Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können.

teddyWas fällt auf? Schiffbauer bezieht sich zwar auf dieses Urteil, lässt aber den letzten Halbsatz wegfallen. Doch was stimmt nun? Die Formulierung in der Fall-Bearbeitung oder die Formulierung in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts? Man könnte geneigt sein zu sagen, dass natürlich die Formulierung in dem Bundesverfassungsgerichts-Urteil heranzuziehen ist.

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Echte und unechte Rückwirkung

illusionHeute schauen wir uns eine Problematik bei Pötters/Werkmeister: Basiswissen Jura für die mündlichen Prüfungen, 2014, S. 55 an. Es geht dort um Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips, genauer gesagt um das Rückwirkungsverbot.

Dazu schreiben die Autoren zunächst:

Zu unterscheiden sind die echte und die unechte Rückwirkung.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit.

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§ 29 I BauGB: Bauliche Anlage

GebäudeHeute soll es mal wieder um einen Aspekt gehen, der in sehr vielen baurechtlichen Klausuren angesprochen werden muss. Ideal ist es wie stets, wenn man sich das Prüfprogramm bereits gedanklich im Kopf bereit gelegt hat und es im Ernstfall abspulen kann. Ausgangspunkt soll die Urteilsbesprechung von Stuttmann in der RÜ 2014, 740ff zu dem Beschluss des OVG NRW, 08.07.2014, 10 A 1787/13 sein.

Auf Seite 743 schreibt Stuttmann:

Der planungsrechtliche Begriff der baulichen Anlage ist gekennzeichnet durch das weite Merkmal des Bauens und das einschränkende Merkmal möglicher bodenrechtlicher (städtebaulicher/städteplanerischer) Relevanz.

Insofern befindet sich Stuttmann ganz auf der Linie des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 31.08.1973, IV C 33.71), Rn. 21:

Auf dem Boden dieser Einsicht kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß sich der bundesrechtliche Begriff der baulichen Anlage aus zwei Elementen zusammensetzt, nämlich einem verhältnismäßig weiten Begriff des Bauens und einem einschränkenden Merkmal (möglicher) bodenrechtlicher Relevanz.

Dann erläutert Stuttmann, was unter dem Merkmal „Bauen“ zu verstehen ist:

Das Merkmal des Bauens ist erfüllt, weil der Mast auf Dauer mit dem Erdboden verbunden ist.

Auch hier folgt Stuttmann dem Bundesverwaltungsgericht, das Bauen wie folgt definiert (Rn. 21):

Als Bauen in diesem weiten Sinne muß das Schaffen von Anlagen angesehen werden, die in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden sind.

Jetzt kommen wir zu der spannenden Stelle.

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