Archiv für Wettbewerbsrecht

Jorge González und der Deo-Gratis-Test: Zwischen Lauterkeit und Unlauterkeit

Wettbewerbsrecht kann ziemlich kompliziert werden, wie der folgende Fall veranschaulicht. Betrachten wir als Einstieg das folgende Bild aus dem aktuellen Werbespot für 8×4 Deos:

8x4-Werbespot

 

(www.youtube.com/watch?v=n1ocb_TOoPM)

Zur Lösung benötigen wir selbstverständlich das Gesetz. Und zwar § 5a II UWG:

Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,

1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Daneben kann uns noch das Urteil des BGH in der Sache Geld-zurück-Garantie II helfen. Es bezieht sich zwar auf § 4 Nr. 4 UWG a.F., aber dieser entspricht sinngemäß § 5a II UWG. Zur Orientierung eine Gegenüberstellung:

§ 4 Nr. 4 UWG a.F. § 5a II UWG n.F.
Unlauter handelt insbesondere, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt; Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,
1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Mit den Worten von Omsels: „§ 4 Nr. 4, 5 UWG wird zu § 5a Abs. 2 UWG“

Also werfen wir jetzt einen Blick in das BGH-Urteil:

Weiterlesen

Wie lange braucht die wahrscheinlich längste Praline der Welt für Ihre Kakao-Umstellung?

In Duplo ist Kakao enthalten. Und dazu lesen wir auf der Rückseite der Verpackung unter der Überschrift „UNSER VERSPRECHEN“:

Wir verpflichten uns, bis 2020 unsere Produkte zu 100% mit zertifiziert nachhaltigem Kakao zu produzieren.

Oder in Bildform:

Duplo-Werbung

 

 

 

 

 

Doch was ist damit gemeint?

a) Von heute bis 2020 wird zu 100% mit zertifiziert nachhaltigem Kakao produziert.

Oder:

b) Ab 2020 wird zu 100% mit zertifiziert nachhaltigem Kakao produziert.

Weiterlesen

Vom Reinheitsgebot des Jahres 1516 und daraus resultierenden wettbewerbsrechtlichen Untiefen der Weizenbierwerbung

Weissbier-WerbungZugegeben: Man sollte im Alltag nicht immer juristische Begleitreflexionen anstellen. Schon gar nicht mit Blick auf ein Glas Weizenbier. Doch diesem guten Vorsatz kam am 23. April der 500. Geburtstag des Reinheitsgebots von 1516 in die Quere und die dadurch mit veranlasste Betrachtung eines Werbefilms der Franziskaner-Brauerei zum Thema „Reinheitsgebot und Qualität“ im Internet.

Dort hört man:

Weiterlesen

Das „neue“ UWG: Eine redaktionelle Herausforderung

In Heft 4/2016 der JuS lesen wir:

Die unternehmerische Freiheit wird nicht nur durch das Deliktsrecht, sondern auch und gerade durch das Wettbewerbsrecht geschützt. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) soll Mitbewerber, Verbraucher und Marktteilnehmer vor „unlauteren geschäftlichen Handlungen“ schützen und damit zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb wahren (vgl. § 1 UWG). Zentrale Vorschrift ist die Generalklausel des § 3 UWG, nach der unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig sind, sofern sie dazu geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

(Staake/von Bressensdorf, JuS 2016, 297, 298)

Folgen wir dem guten Rat, zitierte Paragraphen nachzulesen, geraten wir ins Grübeln. Denn im ganzen § 3 UWG ist das Wort „spürbar“ nicht zu finden. Wie erklärt sich das?

Weiterlesen

Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 21 UWG – „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“

Heute geht es mal wieder um eine „Jura im Alltag“ – Beobachtung. Ich habe vor ein paar Tagen bei Rossmann eingekauft. Am Ende meines Kassenzettels befand sich dann folgender Gutschein:

Rossmann-Coupon

 

 

 

 

 

 

 

Das klingt ja erst einmal ganz gut. Wenn ich weitere Artikel kaufe, dann erhalte ich „1x altapharma Brausetabletten (80g/90g)“ gratis. Das wollte ich natürlich ausprobieren. Also: Zweiter Rossmann-Besuch zum Zwecke der empirischen Rechtsforschung. Die Auswahl an altapharma Brausetabletten ist riesig. Es gibt Brausetabletten für 0,49 Euro, aber auch solche für 0,99 Euro, 1,49 Euro und 1,99 Euro. Welche Brausetabletten sind von dem Gutschein erfasst? Aus der Beschreibung auf dem Coupon ergibt sich, dass es entweder 80g oder 90g sein müssen. Ausgeschlossen sind also beispielsweise die „altapharma Brausetabletten Magnesium + Calcium + D3“, denn diese haben ein Gewicht von 92g.

Aber wie wäre es mit den „altapharma Brausetabletten Folsäure + B3 + B12 + Jod„? Sie kosten 0,99 Euro und wiegen 80g. Das müsste also funktionieren. Weit gefehlt … Die Kassiererin teilte mir nach dankenswerten Recherchen mit, dass ich mit diesem Coupon nur Brausetabletten für 0,49 Euro erhalten könnte. Unterstellt einmal, das sei so: Darf man dann mit „1x altapharma Brausetabletten (80g/90g) gratis“ werben?

Weiterlesen