Viel Lärm um Nichts? Oder: Konstruieren statt Reproduzieren.

Normenketten auswendig zu lernen, ist anstrengend. Besser ist es, wenn man Normenketten versteht und damit jederzeit selbst konstruieren kann. Betrachten wir dazu heute folgendes Beispiel:

Daher klagt er vor den Zivilgerichten (gem. §§ 22, 23 KUG, §§ 823, 1004 BGB) auf Unterlassung, dass die Dokumentation im Internet bereitgehalten wird.

(Julia Stinner, JuS 2015, S. 616)

Sollten wir bei einer Klage, bei der die Unterlassung der Bereithaltung einer Dokumentation im Internet begehrt wird, diese Anspruchsgrundlage so anführen?

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Anordnung / Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung

In der Lösung der Klausur C 701 aus dem Klausurenkurs von Alpmann Schmidt heißt es auf S. 3:

Der Antrag könnte daher als Aussetzungsantrag gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs statthaft sein.

Im Schlusssatz heißt es dann:

Der Aussetzungsantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist damit gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO statthaft.

Das Problem liegt darin, dass im Obersatz von „Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ die Rede ist, während im Schluss-Satz dann „Anordnung der aufschiebenden Wirkung“ steht. Macht das einen Unterschied?

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Angebotsrücknahme bei Auktionen: De deux choses l’une?

Boris P. Paal und Lea Katharina Kumkar beschäftigen sich in der JuS 2015, 707ff mit einer Klausur, in der es um rechtliche Probleme rund um Auktionen geht. Die Passage, die ich hier thematisieren möchte, betrifft die Angebotsrücknahme bei Auktionen. Dazu heißt es auf Seite 708:

Gutachterliche Vorüberlegungen

Die Fallprüfung ist zu eröffnen mit der Anspruchsgrundlage des § 433 I, wobei insbesondere zu klären ist, ob und zwischen wem ein Kaufvertrag über das Rennrad zu Stande gekommen ist.

[…]

Sollte man einen Vertragsschluss bejahen, schließt sich die Frage nach der rechtlichen Konstruktion der Angebotsrücknahme an. Der vorzeitige Abbruch der Auktion könnte einen Widerruf darstellen.

In den gutachterlichen Vorüberlegungen werden wir also darauf hingewiesen, dass zunächst ein Vertragsschluss zu prüfen ist. Sollte dieser bejaht werden, sollen wir uns der Frage des Auktionsabbruchs widmen. Für das Verständnis dieser Vorüberlegung muss man noch die folgende Prämisse der Autoren kennen:

Vielmehr kommt der Vertrag nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 145 ff., sprich durch Angebot und Annahme, zu Stande.

Wenn wir die gutachterlichen Vorüberlegungen insoweit betrachten, soll also so geprüft werden:

1. Vertragsschluss durch

a. Angebot

b. Annahme

2. Möglicher Widerruf des Angebots durch Abbruch der Auktion

Gibt es eine Alternative?

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„Öffnen verpackter Ware verpflichtet in der Regel zum Kauf“?

Heute habe ich auf der Facebook-Pinnwand bei Rossmann folgenden Post gelesen:

… meine Frau guckt eine Artikel, deren Packung schon offen damit sie den Inhalt schauen kann. Plötztlich kam ein Mitarbeit zu ihr und sich beschwerte, meine Frau gerade die Packung geöffnet hat. Obwohl meine Frau sich geklärt hat, die Packung schon offen war, trotzem hat der Mitarbeiter über meine Frau weiterhin sehr unfreudlich geschimpft.
Wo kann ich Ihnen die Feedback dieser Bedienung geben?

Die Frage ist also ganz klar. Der User möchte wissen, wo er sein Feedback hinschicken soll. Umso überraschender ist die Antwort von Rossmann:

Öffnen-der-Verpackung

Interessante Antwort. Verpflichtet das Öffnen verpackter Ware tatsächlich in der Regel zum Kauf?

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Die Beleidigungsdelikte tabellarisch dargestellt

Linderkamp/Kreke erläutern in der Jura info 4/2015, IV, dass Tabellen dabei helfen können, sich eine Übersicht zu schaffen. Das ist richtig. Diese Vorgehensweise sei besonders empfehlenswert, wenn „der Unterschied von Normen nur in Nuancen verborgen liegt“. Die beiden Autoren praktizieren diese Art der Systematisierung dann exemplarisch an der Abgrenzung zwischen Beleidigung (§ 185 StGB), Übler Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB):

§§185ff

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Man kann Zweifel haben, ob dies schon die denkbar beste Form der tabellarischen Darstellung ist. Aus der Tabelle ergibt sich beispielsweise nicht, wie die Üble Nachrede von der Verleumdung abgegrenzt wird, da identische Tabelleneinträge vorliegen. Auch ist die Zeile in Bezug auf die Beleidigung nicht sehr erhellend, enthält sie doch Elemente, die klar der Üblen Nachrede bzw der Verleumdung zuzuordnen sind. Eine bessere Übersicht vermittelt die Tabelle von Bernd Heinrich.

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